Die Stunde des Populismus – Was ist Populismus?

Populismus – ein Begriff mit zweifelhaften Ruf

Der französische Philosoph Alain de Benoist (*1943) widmet sich in seinem Buch „Le moment populiste. Droite-gauche c’est fini!“ (2017) (etwa: „Die Stunde des Populismus. Links-rechts hat sich erledigt!“ dem Phänomen des Populismus. Im Kapitel „Qu’est-ce que le populisme?“ be-schäftigt er sich mit der Begriffsverwirrung um den Begriff Populismus und forscht nach, was unter diesem eigentlich zu verstehen sei. Er beginnt damit, den Populismus zunächst aus der Sicht der Eliten zu analysieren. Illusion, Bedrohung, Versuchung: All dies sind heute Bezeichnungen für das Phänomen des Populismus. Denn allgemein gesehen steht der Populismus in einem schlechten Licht. Er gilt als Schreckgespenst, wird beschuldigt nur die schlechtesten Neigungen der unteren Volkssschichten hevorzubringen. Und wer vom Volk spricht, so Benoist, setzt sich sogleich dem Vorwurf des Populismus aus, der darin besteht, die niedersten Instinkte des Volkes anzusprechen.

Populismus als Todschlagvokabel

Nach Federico Tarragoni ist der Populismus eine Art magisches Konzept, welches einem erlaubt alles zu diskreditieren und zu verdammen was es bezeichnet. Als Paradebeispiel dafür gilt der Juni 2016: Bernard-Henri Lévy bezeichnete den Brexit als Sieg des viehischsten Nationalismus und ranzigsten Souveränismus, der Globalist Jacques Attali sprach gar von einer Diktatur des Populismus, Alain Minc vom „Sieg der dummen Menschen über die gescheiten Menschen.“ Die Kritik des intellektuellen Establishments erreichte dabei ein bis dahin noch nicht gekanntes untergriffiges Niveau: David Cameron, Wortführer des Brexits, wurde schuldig gesprochen, getan zu haben,was seine Landsleute wollten. All diese Anschuldigungen zeigen uns, dass auch wenn die Motivationen für den Brexit sehr komplex waren, jeder seiner eigenen Interpretation folgte.

Die Antwort auf den Populismus: Dem Volk die Macht entziehen

Besonders auffallend war die Hetze gegen ältere Wähler, welche für den Brexit gestimmt hatten, jüngere Wähler hingegen hätten sich für den Fortschritt entschieden. Jean Quatremer klagte die „Diktatur der Mehrheit“ an, während er die Diktatur der Minderheit verherrlichte. Offenbarend waren dabei die „Lösungsvorschläge“ einiger auf das Brexitergebnis: Themen welche „europäische Werte“ betreffen, sollen von Volksabstimmungen ausgenommen und das Mehrheitsquorum bei Volksabstimmungen auf 60% angehoben werden. Benoist macht hier den Einwurf, warum man es nicht gleich auf 90% anheben sollte. Das Storytelling der Anti-Brexitfraktion empfahl am ehesten den Entzug des Wahlrechts. Das negative Bild vom Volk, welches sich gegen den Willen der Eliten entschied, schlug schließlich in einen regelrechten Klassenhass um: Es ist unnötig, jene zu befragen, in deren Namen man sprechen will. Und es ist gefährlich, sie zu befragen, wenn sie nicht die eigene Meinung vertreten, womit eine Fremdbeeinflussung des Wählerwillens behauptet wird.

Populismuskritik: Die Pathologisierung des Volkes

Dabei finden die großen Katastrophen der Geschichte ihren Ursprung öfter im Versagen der Eliten, als im Versagen des Volkes. Doch der Antipopulismus kümmert sich nicht darum, denn er besteht im Kern darin, jede Meinung, welche den Eliten zuwiderläuft, zu diffamieren und das Volk zu täuschen. Die Repräsentative Demokratie greift mit dieser pathologisierenden Kritik des Populismus aber ihre eigenen Wurzeln an, denn die Stigmatisierung des Populismus führt zu einer Stigmatisierung des Volkes. Dabei ist diese Stigmatisierung nicht neu, ihre Wurzeln gehen auf die Aufklärung zurück. Während Machiavelli noch das Ideal des freien Bürgers beschwor, besann sich die Aufklärung auf die „Bildung“ (und das bedeutet hier Bevormundung) ihrer unmündigen Bürger. Auf der Rechten wurde seitdem die Ablehnung der Demokratie mit einer Ablehnung des Volkes gepaart. Bonald und Joseph de Maistre sprachen gar von einer Tyrannei der Volkssouveränität. Reformen sollten nur von oben her durchgesetzt werden. Die Liberalen hingegen betrachteten das einfache Volk als gefährliche Klassen, daher sollte das Wahlrecht nur für Reiche gelten. Rechte Bonapartisten hingegen waren zwar antiparlamentaristisch und antiliberal eingestellt, forderten aber eine Rückkehr zu den plesbizitären Traditionen der antiken Demokratie Athens.

Zwei Gegensätze: Souveränität des Parlaments und Souveränität des Volkes

Dahingehend stellt der Boulangismus von 1889 eine Revolution dar: Er vereinte die Strömungen der Legitimisten, Bonapartisten und Republikaner miteinander. Da der Staatschef seine Legitimität nicht anders, als durch das Volk erhalten könne, solle er durch freie und allgemeine Direktwahl des Präsidenten bestimmt werden. (Diese Tradition wurde später vom Gaullismus aufgegriffen.) Dieses Prinzip der Volkssouveränität überträgt sich auch auf die Ablehnung supranationaler Institutionen. So wird auch die Kompetenz des Europäischen Menschenrechtsrats abgelehnt, da in „Frankreich die höchste Gewalt vom Volk ausgeht.“ Die am weitesten verbreitete Demokratiekonzeption im Westen ist hingegen jene, in der die Souveränität des Parlaments sich an Stelle der Souveränität des Volkes setzt. In dieser aggregativen Demokratie kommt es zu einer Anhäufung von Privatinteressen. Ihre Unterstützter sind natürlich gegen Volksabstimmungen und direkte Demokratie eingestellt. Darin versucht der Liberalismus Volksbeteiligungen an politischen Entscheidungen soweit wie möglich zu unterdrücken. Die Interessen des Einzelnen, des Individuums haben Gültigkeit, aber nicht jene des Volkes. Dies alles dient dazu, die Entscheidung des Volkes durch die Verwaltung der Dinge zu ersetzen, die Souveränität der Finanzmärkte, die Autorität der Experten und die Regierung der Richter. Schließlich hat das Volk nicht mehr die Mittel, um die Verantwortlichen zur Verantwortung zu ziehen, das System verwandelt sich in eine Oligarchie, welche niemanden mehr gegenüber verantwortlich ist, als den Privatinteressen, welche miteinander konkurrieren.

Die Mär von der politischen Kompetenz der Technokraten

Da die Demokratie normalerweise das Primat der Politik über die Wirtschaft voraussetzt, verkommt sie unter den gegebenen Umständen zu einer Wahl der Oligarchen, Finanzmärkte und multinatio-nalen Konzerne, welche mittels Wahlen legitimiert wird, während gleichzeitig der Schein der Volks-souveränität bestehen bleibt. Diese Form der Herrschaft kommt der Idee der Philosophenkönige Platons am nächsten, der Herrschaft eines Königs über ein unwissendes Volk. Die Herrschaftslegi-timität der technokratischen Eliten wird mit ihrer Kompetenz zu herrschen begründet. Doch was ist Kompetenz? In der Geschäftswelt und Wissenschaft ist sie Expertise, technisches Wissen, aber in der Politik handelt es sich bei ihr um etwas ganz anderes. In der Politik besteht Kompetenz eben nicht im technischen Wissen, sondern in der Entscheidung zwischen mehreren Möglichkeiten, in der Prüfung der Entscheidung. Die Experten haben zwar die Kompetenz, zu sagen, wie man etwas machen soll, aber nicht dazu, zu sagen, was man machen soll. Der Populismus wendet sich daher gegen professionelle Minister und Wahlrituale, weil er erkannt hat, dass sie das Volk täuschen.

Das Volk als legitimer Souverän über sein Schicksal

Das Volk ist perfekt dazu in der Lage, zu entscheiden, was für es politisch gut und was schlecht ist. Wenn es wählt, legt es nicht die Wahrheit fest, sondern einfach nur seine Präferenzen. Das Volk wählt nicht, um über die Wahrheit der Thesen Darwins oder des Konzils von Trient zu bestimmen, so Benoist, sondern weil es politisch denkt! Experten, welche von einer Inkompetenz des Volkes reden, führen letztlich der Entmachtung der Politik das Wort! Politische Probleme werden von ihnen mit technischen Gebrechen verwechselt. Dies führt uns schließlich zu einer Entlarvung des liberalistischen Denkens: Die Grundlage der liberalen Idee besteht darin, „dass es keine Alternative gibt“ (Margaret Thatcher) Durch diese Uniformität im Geiste kommt man zum Prinzip des Einheitsdenkens.

Die Technokratie als Tod der Politik

Nach der Meinung seiner Träger, ist Pazifismus möglich, da die allgemeine technische Kultur gegenseitige Interessen neutralisiert, welche das Politische ersetzen. Daraus folgen eine Entpolitisierung und der Tod der Politik. In der Politik gibt es aber immer Alternativen, nur eben keine objektiven Meinungen. Die Exportokratie hat Idee verbreitet, dass die Mehrzahl der negativen Phänomene unausweichlich sei. Das Hinnehmen der Masseneinwanderung ruht etwa daher, dass man nicht mehr an die Möglichkeit glaubt, seine eigene Meinung durchsetzen zu können. Dies stellt eine Negation der Essenz des Politischen dar, seine Reduktion auf die technische Verwaltung.

Wie der Historiker Thibault Isabel nachwies, haben fortschrittsgläubige Intellektuelle schon lange den Populismus als fortschrittsfeindlich denunziert. Als Ergebnis wird Politik durch Experten und „Techniker“ gesteuert: Auf der einen Seite gibt es Experten, die eine Ahnung von den Dingen haben, auf der anderen Seite Individuen, welche sich nicht auskennen.

Populismus: Zur Definition eines Gummiwortes

Heute ist der Populismus vor allem ein Gummiwort: Er bezeichnet eine weite Reihe von Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, von Mao über Gadaffi bis Trump, Orban, Peron, Haider Dabei erweist sich der Populismus als unglaublich komplexer Begriff, der viele Phänomene umfasst. In der Politikwissenschaft betrachtet man den Populismus entweder als Ideologie (Ludovico Incisa di Camerana) oder frei nach Pierre-Andre Taguieff als politischen Stil, den man auf verschiedene ideologische Zusammenhänge anwenden kann. 1981 sprach Margaret Convan im Sinne ihres typologischer Zugangs gar von Protestpopulismus, Nationalpopulismus und vielen anderen Formen des Populismus.

Die Geburt des Populismus: Narodniki und Grangers

Doch historisch gesehen beginnt die Erscheinung des Populismus bereits am Ende des 19 Jhdts. In Russland und den USA bestand dieser vor allem in der Mobilisierung der Massen gegen die gegenwärtigen Eliten. In den Jahren 1860 – 1880 wurde die Bewegung der Narodniki in Russland groß. Bei diesen handelte es sich um russische Sozialisten, welche mit dem Volk gehen wollten. Sie propagierten eine sozialistische Agrarwirtschaft und die Alphabetisierung der Bauern. Gleichzeitig traten sie gegen die Verwestlichung Russlands auf. Sie betrachteten die Bauern als einzige revolutionäre Klasse und propagierten die Landgemeinschaft (Obchtchina). Zu ihren Vertetern zählten Alexandre Herzen, Dimitri Pisarev und Nicolai Tschernychevski. 1867 wurde in den USA von Oliver Hudson Kelly die Bauernbewegung der „Grangers“ gegründet. Diese setzte sich für soziale Rechte und die Autonomie kleiner Produzenten ein, wollte aber auch der Spekulation und Massenindustrialisierung ein Ende setzen. 1891 kam es schließlich zur Gründung der People’s Party in Saint Louis durch James B. Weaver und Thomas E. Watson. Bei den Präsidentschaftswahlen 1896 unterlag ihr Kandidat William Jennings Bryan nur knapp gegen William McKinley mit 1600 Stimmen. Während die Nardoniki das Landleben gegen den Kapitalismus verteidigten, griffen die Grangers auch den Finanzkapitalismus an. Kennzeichnend war für diesen frühen Populsimus also vor allem seine Fortschrittsfeindlichkeit. Daher lässt sich der Populsimus weder als links oder rechts einordnen. In Hinblick auf die Gegensatzpaare Zentralisierung/Dezentralisierung, rechts/links, liberalistisch/antiliberalistisch vertrat der Populismus auch nicht immer die selbe Meinung. Daher ist es vergeblich, eine gemeinsame ideologische Position der verschiedenen Populismen zu suchen.

Populismus des Volkes: Angebot an die Völker in der Krise

Unter dem Populismus des Volkes versteht man hingegen ein alternatives Politikangebot an die Völker in der Krise. Der Populismus will keinen neuen Menschen schaffen, man kann ihn also nach Ernesto Laclau als im ideologischen Sinne neutral beschreiben. Im Gegensatz zum Faschismus bekennt er sich aber zu den Regeln der Demokratie. Er kann identitär (im Sinne von identitätsbezogen) sein, aber nicht alle Identitären sind Populisten (da viele Identitäre nach Benoist den Populismus ablehnen). Der identitäre Populismus wiederum ist nicht das Selbe, wie der Nationalpopulismus, denn die Identität nimmt nicht immer an der Idee der Nation teil. Der Populismus richtet sich grundsätzlich gegen die Eliten, wohingegen die Rechte diese oftmals verteidigt hat. Populismus und Rechte/extreme Rechte sind somit nicht zwingend deckungsgleich.

Im Gegenteil ist die Rechte grundsätzlich elitistisch, weil sie nicht daran glaubt, dass sich das Volk selbst regieren kann. Dahingehend ist die traditionelle Rechte, welche die Demokratie an sich kritisiert, auch gänzlich inkompatibel mit einem Populismus, der mehr Demokratie fordert. Umso mehr ist es verlockend, den Populismus als Stil und nicht als Ideologie zu betrachten. Den Populismus als Stil definiert der Aufruf an das Volk und die direkte Verbindung zwischen Volk und Regierung. Das Vorhandensein eines Führers, ist für den Populismus nicht zwingend notwendig. Zwar beziehen sich viele populistische Bewegungen auf charismatische Führungsfiguren, aber der Populismus muss nicht automatisch mit einem Mann der Vorsehung verknüpft sein. Dabei aber macht er niemals den Fehler, sich ganz anders darzustellen, als der gewöhnliche Mann, den er repräsentiert. Ein gutes Beispiel für die falsche Eigendarstellung wäre zum Beispiel die bundesdeutsche Staatssekretärin palästinensischer Herkunft Sawsan Chebli, welche als Angehörige der sozialdemokratischen SPD mit einer Rolex am Arm posierte und sich so den Vorwurf der fehlenden Authentizität aussetzte.

Die Entpersonalisierung der Politik – Demagogie der Eliten

Um wieder zum Anfang seines Themas zurückzukommen, schreibt Benoist nun über den Unter-schied zwischen Demagogie und Populismus. Wer Populismus mit Demagogie gleichsetzt, so Benoist, vergisst, dass es auch eine Demagogie der Eliten geben kann. Die Debatte um den Brexit ist ein Paradebeispiel dafür, dass die Dämonisierung des Populismus automatisch zu einer Dämoni-sierung des Volkes führt. Vielmehr zeigt die Debatte, dass die Eliten eine Entpersonalisierung der Politik beabsichtigen. Es kommt zu einer rein technischen Herrschaft, die sich nur noch als Ver-waltung begreift, eine politische Debatte findet nicht mehr statt. Es ist in ihr kein Platz mehr für eine Polarisierung der Meinungen, wenn es nur noch um Technik und moralische Haltung geht. Dies stellt eine Aggression gegen eine Mehrheit des Volkes dar, da ihm damit die Entscheidungs-fähigkeit abgesprochen wird.

Vincent Coussediere spricht in diesem Zusammenhang davon, dass es keine Politik ohne Volk und kein Volk ohne Politik gibt. Für einige stellt der Populismus somit eine Bedrohung für die Demokratie dar, weil er für das ganze Volk ist, die repräsentative Demokratie hingegen die Unterschiede betont. Somit stellt sich die große Frage: Entweder das Volk ist nur eine Illusion oder der Populismus ist untrennbar mit dem Volk und der Idee der Demokratie verbunden. Die Demokratie war immer eine Regierungsform, welche sich auf der Souveränität des Volkes gründete. Um legitim zu sein, braucht sie die Zustimmung oder den Konsens ihrer Bürger. In der Demokratie ist das Volk daher zuallerst souverän in seiner sozialen Reproduktion. Aber die Demokratie ist auch die Regierungsform, größtmöglicher Beteiligung des Volkes an Entscheidungen über öffentliche Dinge. Beim Allgemeinen Wahlrecht geht es somit nicht um das Recht der Zahl, sondern darum, Präferenzen festzustellen. Nicht Zahl, Wahlrecht, Wahlen oder Repräsentation sind entscheidend für die Demokratie, sondern die Teilhabe an Entscheidungen. In diesem Sinne ist auch Moeller van den Brucks Ausspruch „Die Demokratie ist die Teilhabe eines Volkes an seinem Schicksal.“ zu verstehen.

Oligarchie und unzureichende Demokratie als eigentliche Feinde der Demokratie

Nicht der Populismus gefährdet daher die Demokratie, sondern die unzureichende Demokratie der repräsentativen Demokratie und die Regression zur Oligarchie. Vor allem ist der Populismus also der Aufdecker der Krise der repräsentativen Demokratie. Er stellt eine Reaktion auf das Demokratiedefizit der repräsentativen Demokratie dar. Als Antwort auf die Legitimationskrise fordert der Populismus daher die Wiederherstellung der Volkssouveränität.

Die drei Facetten des Populismus des Volkes

Der Populismus des Volkes hat dabei drei Facetten: 1) Das politische Volk (demos), 2) Das durch seine Geschichte und Kultur definierte Volk (demos) und 3) Das Volk der einfachen Volksklassen (plebs). Populismus im politischen Sinn: Demos – der Ethnos wiederum bezeichnet seine vorpoli-tischen Wurzeln. Weiters ist der Ethnos aber auch das wesentliche Element der Identität und des sozialen Verhaltens eines Volkes. Der bürgerliche Nationalismus hingegen bezieht sich auf abstrakte und universale Prinzipien. Das Volk als Plebs im Sinne der Masse gegen die Eliten ist ein wichtiger Bestandteil des Populismus. Somit vereinigt der Populismus alle drei Ansätze von Volk und ver-sucht gleichzeitig alles zu verkörpern, was sie voneinander unterscheidet. Daher kann man unter Populisten sowohl „schlechte Populisten“ (Rassisten und Reaktionäre), als auch „gute Populisten“ (Fortschrittliche und Demokraten) ausmachen. Doch ist diese Unterscheidung zwischen Sozialpopulismus und Nationalpopulismus in der Realität nur sehr schwer idealtypisch zu finden. Die große Mehrheit der Populismen vereinigt beide Zugänge. Aber: „Das Volk liebt die Streik-brecher der Brüderlichkeit nicht!“, so Alain de Benosit. Denn nach Aristoteles zeichnet das Volk eine gemeinsame Soziabilität aus. Sie unterscheidet das Gesellschaftliche von der staatlichen Soziabilität. Dabei ist sie nicht das Ergebnis „einer Identität“, sondern basiert auf Grundlage der Traditionen, die eine Prüfung dessen darstellen, was man gemein hat. Das implizite Ziel des Populismus stellt daher die Restauration einer gemeinsamen Welt dar, eines gemeinsamen

öffentlichen Raumes zwischen den Menschen (Hannah Arendt).

Der Populismus und die Wiederverzauberung der Welt

Gleichsam ist er als Reaktion auf die Zersetzung des Volkes und seiner Grundlagen zu verstehen. Angesichts von Globalisierung und Masseneinwanderung wollen die Völker auch weiterhin das Recht in Anspruch nehmen, als Volk weiterexistieren zu können – oder um es mit Ortega y Gasset auszudrücken: Grundlegendes Menschenrecht ist Recht darauf, fortexistieren zu können. Die permanente Angstmache der Eliten vor dem Populismus ist also unbegründet. Denn in einer Gesellschaft die angsteinflößend geworden ist, kann man nicht alle Ängste des Volkes als Phantasmen abtuen. Vor diesem Hintergrund sei zu verstehen, dass heute der Linkspopulismus als Große Frage unter Sozialdemokraten, Linksradikalen und Grünen gehandelt wird.

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