Wolfgang Bendel: Aristokratie. Eine Streitschrift.
Demokratiekritik
Seine Streitschrift zur Aristokratie beginnt Bendel mit zwei Beispielen des liberalistischen Niedergangs. Im ersten Beispiel erklärt er die Kleptokratie und Korruption in Brasilien am Beispiel von Geddel Vieira Lima. Giddel (In Südamerika ist es nicht unüblich Politiker nur beim Vornamen zu nennen) war in den Kabinetten Lula da Silva (PT), Dilma Roussef (PT) und Michel Temer (PMDB) Minister. Am 06.09.2017 fand man 13,8 Millionen Euro in einem seiner Appartments in der brasilianischen Großstadt Salvador. Geddels politische Karriere begann in der Partei PMDB, welche während der brasilianischen Militärdiktatur die Opposition organisierte. Gleichzeitig verdingte er sich als Vorstand in einer staatseigenen Bank. Am Ende seiner politischen Karriere stand Geddel im Verdacht mehr als 20 Millionen Euro Schmiergeld erhalten zu haben, um Kredite seiner Bank an verschiedene Personen und Konzerne ermöglicht zu haben. Bendel möchte mit diesem Beispiel deutlich machen, dass in liberalen Demokratien Politik als ein Erwerbszweck wie jeder andere gesehen wird, durch den man sich möglichst stark bereichern soll. Führende Politiker seien somit meistens Wanderer zwischen den (Partei-)Welten, die keine Ideale umsetzen, sondern nur ihren Kontostand mehren wollen.
Die Demokratie als „alternativloses“ System
Im Verbund mit einer korrupten Justiz und manipulativen Medien, welche beide wiederum mit der Politik verzahnt sind und in Brasilien erfahrungsgemäß zur Enthaftung wegen Korruption inhaftierter Politiker führen, entsteht somit ein „alternativloses“ Politiksystem. In diesem wechseln zwar die Politiker, welche an der Spitze des Staates stehen, aber nicht die Politik, welche sie machen. In Brasilien wird diese Korruptionspraxis schließlich noch dadurch gefördert, dass sich öffentliche Mittel auf relativ wenige Entscheidungsträger konzentrieren. Wichtig für das Verständnis der politischen Korruption ist hierbei nach Bendel das brasilianische Veraltungssystem, welches aus dem Bund, den Bundesstaaten und den municipios (Vergleichbar mit den Landkreisen in Deutschland) besteht. In den Landkreisen der „municipios“ konzentrieren sich in Brasilien so Finanzmittel, welche in Deutschland auf zwei Verwaltungsebenen aufgeteilt sind. Dadurch werden halbseidene Geschäftemacher angezogen, welche in lokale Wahlen „investieren“, um im Falle der Regierungsübernahme auf die dortigen finanziellen Ressourcen zugreifen zu können. So kommt es zwar zur Aufstellung glänzender Wahlprogramme, um Wählerstimmen zu gewinnen, aber nach den Wahlen kaum etwas davon umgesetzt. Dies führt nach Bendel dazu, dass die Regionalwahlkämpfe mit großer Härte geführt werden, nicht wegen ideologischer Differenzen, sondern weil es um die finanziellen Mittel geht. Kennzeichnend für den Zustand der Landkreise sei ihre astronomische Überschuldung, welche unter anderem durch Kompensationszahlungen vom Bund an die municipios für erfundene Institutionen unter der Vorgängerregierung entstanden sei. Die Gelder verschwanden schließlich in schwarzen Kanälen, während Schulen, Gesundheitssysteme und andere öffentliche Institutionen finanziell austrockneten. Diese Zustände seien nach Bendel symptomatisch für brasilanische Kleinstädte und haben zusammen mit einer nichtfunktionierenden Korruptionsbekämpfung zur Wahl des amtierenden rechtspopulistischen Präsidenten Bolsonaro geführt. Als weiteres Beispiel führt er die Abesetzung der ehemaligen Präsidentin Dilma Roussef an. Da in Brasilien kein Misstrauensvotum gegen den Präsidenten möglich ist, wurde der Weg des Amtsenthebungsverfahrens gewählt, bei dem man Roussef die Manipulation von Haushaltszahlen vor den kommenden Wahlen vorwarf. Roussef entgegnete auf die Vorwürfe nur, dass die Vorgängerregierungen das Gleiche gemacht hätten.
Demokratische Zustände 2. Deutschland: Gleichschaltung und Gedankenkontrolle
Im Zweiten Beispiel geht Bendel auf den Gleichschaltungsterror in Deutschland anhand der Ausländergewalt gegen Deutsche ein. Er nennt einen Bericht des SWR, in welchen von der Beerdigung der 15 jährigen Mia berichtet wurde, welche am 27.12.2017 in Kandel von einem Asylaten ermordet worden war. In den Berichten der Mainstreammedien wurde nur erwähnt, dass die Tatwaffe ein Messer war, der Täter wurde verschwiegen, quasi so, als hätte das Messer ein Eigenleben geführt. Sowohl Herkunft als auch Alter des Täters wurden von den Medien lange Zeit verschwiegen, um die Ausländergewalt in Deutschland verschleiern zu können. Ein wenige Tage später stattfindender Trauermarsch wurde von der Antifa gestört, was wiederum von den Medien in Deutschland verschwiegen wurde, stattdessen sprach man einfach von Tumulten. Anstatt dieses Unrecht anzuklagen, äußerte sich der Oberbürgermeister von Kandel nur besorgt darüber, dass der Mörder abgeschoben werden könnte und fühlte sich bedroht, da sich nicht alle Einwohner mit seinen Ansichten zu solidarisieren bereit gewesen waren. In den Demokratien Westeuropas, so Bendel, habe sich ein totalitärer Konsens etabliert, wonach es keine Deutschen Opfer geben dürfe, die man betrauern darf, und keine ausländischen Täter, die zur Rechenschaft gezogen werden können. Als es in Chemnitz zu einem weiteren Mord an einem Deutschen durch einen Ausländer kam, wurde der politisch-juristisch-mediale Komplex nach Bendel vollkommen hysterisch: Auf einmal wurden Hetzjagden auf Ausländer erfunden, welche während den Demonstrationen, die auf die Gewalt gegen Deutsche aufmerksam machten und Gerechtigkeit forderten, stattgefunden haben sollen. Die Vorwürfe waren so plump, dass sich die Medien im Nachhinein entschuldigen mussten. Als jedoch der Chef der Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen ebenfalls davon sprach, dass die Vorwürfe komplett erfunden waren und damit die Medien bloßstellte, brach eine mediale Kampagne gegen ihn los. Maaßen hatte es gewagt, der von Angela Merkel verbreiteten Ereignisse zu widersprechen und musste dafür den Hut nehmen. Bendel schließt aus diesen beiden Beispielen, dass Täuschung, Fälschung und Simulation zu den Hauptcharakteristiken der Demokratie zählen. Daraus folgert er, dass die Demokratie nicht alternativlos ist, sondern sich vielmehr im Niedergang, ihrer Dekadenz, befindet.
Die Demokratie als überkommene Herrschaftsform, die sich durch überbordende Korruption und politischer Gleichschaltung selbst ausschaltet
In dem selben Augenblick, in dem die Demokratie in Europa immer totalitärer wird, stellt Bendel fest, dass sie in Südamerika an Anziehungskraft verliert. Die einzige Antwort der Liberalen auf das Scheitern der Demokratie sei ein Ruf nach noch mehr Demokratie. Wolfgang Bendel meint in polemischer Weise, dass diese Theraphie den verzweifelten Versuchen eines Alkoholkranken gleiche vom Alkohol wegzukommen, indem er statt einer Flasche Schnaps jeden Tags zwei Flaschen Vodka trinkt. Nach Bendel befindet sich die Demokratie nicht nur politisch im Niedergang, sondern im marxistischen Sinne des Begriffes auch im wirtschaftlichen und sozialen Bereich. Der Höhepunkt der Demokratie sei in den 80er und 1990er Jahren des 20. Jahrhunderts gewesen. In diesen Zeitraum fallen die Demokratieisierung Lateinamerikas sowie der Niedergang des Kommunismus in Mittel und Osteuropa. Das Einsetzen des demokratischen Niederganges macht Bendel frühestens mit dem Scheitern der Demokratiebewegung in China und spätestens dann mit dem Arabischen Frühling fest. Wenn der Mensch ein Werkzeug solange gebrauchen will, solange es nicht seine Unbrauchbarkeit beweist, müsse auch die Demokratie erst beweisen, dass sie nicht mehr funktioniert, bevor man sie aufgeben kann. Während sich die Demokratie in Brasilien durch ausufernde Korruption delegitimiert habe, so diskreditiere sie sich in Deutschland durch staatlichen Totalitarismus und eine Gleichschaltung des Denkens. Sie schaffe also Zustände, die für die Menschen unter ihrer Herrschaft immer mehr und mehr unerträglich werden. Doch nach Bendel braucht es entweder ein neues oder ein altbewährtes Werkzeug als Alternative zur Demokratie, bevor diese ersetzt werden könne. In seinen Augen müsse man auf letzteres in Form der Aristokratie zurückgreifen.
Eine Aristokratie neuen Typs
Was meint Bendel also mit einer Aristokratie als Alternative zur Demokratie? Im Beginn des Kapitels „Eine Aristokratie neuen Typs“ geht er auf die ethymologische Herleitung des Begriffes ein. Die Wurzel des Wortes Aristokratie liegt demnach im altgriechischen arete, welches mit den Worten Tüchtigkeit, Tapferkeit und Tugend übersetzt werden kann. Ein Staatswesen, welches von Menschen mit diesen Eigenschaften regiert wird, nennt man schließlich Aristokratie. Ausrücklich nicht mit dem Streben nach einer neuen Aristokratie ist also der degenerierte europäische Hochadel gemeint, welcher sich nur noch durch seine Präsenz in den Klatschspalten hervortue. Der alte Adel sei gescheitert, weil er unfähig und unwillig gewesen sei, sich an der ethischen Ausrichtung dessen, was man ursprünglich mit Aristokratie in Verbindung brachte, zu orientieren. Die Französische Revolution wäre, so Bendel, nur die unvermeidliche Konsequenz aus dem Scheitern des alten Adels in politischer, sozialer und wirtschaftlicher Sicht gewesen. Dies könne man auch daran erkennen, dass der europäische Hochadel keinerlei Kritik an der Allianz aus Kapitalismus und Demokratie (also dem Liberalismus, AM) übe, sondern sich in dessen Hedonismus eingerichtet habe. In Anlehnung an Aristoteles sieht Bendel in der Aristokratie also die Herrschaft der Besseren. Diese wären von Natur aus zur Führung bestimmt, während die Mehrheit natürlich zur Feigheit und Schwäche neige. Da von den Forderungen der Französischen Revolution (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) nur die Gleichheit übrig geblieben sei, zeichne sich die Demokratie durch eine Herrschaft der Mittelmäßigen (nicht der Minderwertigen wie bei Möller van den Bruck) aus. Die Forderung der Aristokratie bedeute also, so Bendel, die Anomalie aufzuheben, dass in allen Gebieten die Schnellsten, Besten, Mutigsten und Raffiniertesten herrschen, während in der Politik die Mittelmäßigen den Ton angeben. Dadurch werde das Mittelmaß zur Norm. Während in der Demokratie eine Raßenmähermentialität (Bendel) herrsche, die immer schneller Richtung Untergang führt, würde sich die Aristokratie durch die Herrschaft der Besten auszeichnen. Entgegen der demokratischen Propaganda ist die Aristokratie nach Bendel nicht die geschichtliche Ausnahme, sondern die Regel. Die Demokratie sei vielmehr die Anomalie, welche sich zur Regel erklärt habe.
Zurück in den Barock
Wolfgang Bendel will eine Herrschaft der Besten – doch in welchen Zeiten stellt er sich diese vor? Seine Antwort ist der Barock. Hiermit meint er die Epoche, welche im späten 16 Jahrhundert begann und Mitte des 18 Jahrhunderts endete. Dabei plädiert der Autor für das katholische Geistesleben dieser Epoche, welches in seinen Augen ganzheitlich geprägt war und argumentiert gegen das Fortschrittsstreben, welches die Menschen in der Hauptsache unzufrieden machen würde. Dies impliziert eine ständisch-hierarchische Gesellschaft und eine Wirtschaft, die sich nur nach dem Bedarf richte und nicht auf die Schaffung künstlicher Bedürfnisse hin orientiert. Zusammenfassend meint Bendel, dass die Rückkehr in ein entschleunigtes Leben jenseits von Moderne und Fortschrittswahn eine Rückkehr in die Normalität eines zyklischen Lebens bedeuten würde, von dem wir uns schon viel zu weit entfernt haben. Jetzt sei es Zeit dorthin zurückzukehren.
Eine Kritik von Wolfgang Bendels Gedanken
Ein Großteil der Kritik an Wolfgang Bendels Streitschrift ergibt sich aus dem Charakter der titelgebenden Polemik. Eine Streitschrift, zudem vom Umfang von weniger als 100 Seiten, ist dazu verdammt viele Dinge nur oberflächlich behandeln zu können. Das trifft auf Bendels Schrift zweifellos zu. Ein Beispiel dafür ist Bendels Demokratiebegriff, denn eigentlich meint der Autor damit die liberalistische Demokratie. Das aber die ursprüngliche Demokratie nichts mit der liberalistischen Demokratie zu tun hat, kommt aus der Schrift nicht hervor. Vielmehr muss man darunter die antike griechische Demokratie verstehen, welche sich durch eine direkte Beteiligung der Bürger am politischen Geschehen ausmachte. Sie war keine indirekte, repräsentative Regierungsform, an der das Volk nur am Wahltag souverän ist.
Die antike Demokratie – direkt, herkunftsgebunden, aristokratisch
Die eigentliche Demokratie hingegen zeichnet sich durch die Partizipation des Volkes aus, welche uns in Österreich, Deutschland sowie der EU bis heute weitestgehend verwehrt wird (die Schweiz ist hier als eingeschränkte Ausnahme von der Regel zu sehen). Darüber hinaus zeichnete sie sich durch viele aristokratische Elemente aus und war das genaue Gegenteil einer Massenherrschaft, was man daran erkennen konnte, dass sie Frauen, Ausländer und Sklaven von der Teilnahme am politischen Prozess ausschloss. Darüber hinaus war sie in Athen ab den Reformen des Perikles auch an die Herkunft gebunden und somit alles andere als globalistisch. Zudem erlaubte es das Scherbengericht korrupte Politiker im wahrsten Sinne des Wortes dorthin zu schicken, wo der Pfeffer wächst – eine Eigenschaft, die der heutigen “Demokratie” tatsächlich fehlt. Eine Herrschaft der Minderwertigen/Mittelmäßigen war hier nicht wie im heutigen Westen die Regel, sondern die Ausnahme. Schon in seinem Buch “The Problem of Democracy” stellte Alain de Benoist fest, dass je liberaler eine Demokratie ist, desto weniger demokratisch ist sie. Mit einem Wort: Das, worin wir in Europa heute leben, ist keine Demokratie mehr.
Zurück zu Aristoteles: Gibt es eine reine Demokratie oder Aristokratie?
Beschäftigt sich man mit Aristoteles Politik, stößt man auf den Gedanken, dass es niemals eine reine Form einer bestimmten Herrschaft gibt und vielmehr Mischformen dominieren. So findet man auch in der Wahlmonarchie des Heiligen Römischen Reiches demokratische Elemente, oder in den germanischen Königreichen des Mittelalters, ebenso wie man in der griechischen Demokratie aristokratische Elemente feststellen kann. Während Bendel ebenso wie Aristoteles feststellt, dass die Demokratie in eine Diktatur entarten kann, ist für ihn eine Volksherrschaft mit aristokratischen Elementen scheinbar ausgeschlossen. Stattdessen erklärt er das Barockzeitalter zum Idealzustand – doch projiziert er in dieses offenbar Vorstellungen, die es gar nicht ausgezeichnet haben.
Eine falsche Vorstellung des Barocks – nicht holistische Welt, sondern Beginn der Moderne
In seiner Vorstellung des Barocks zeichnet Bendel ein Idealbild der absolutistischen Monarchien des Barocks. Nach Wolfgang Bendel stellten diese Herrschaftswesen dar, in denen noch eine traditionalistische Weltsicht, welche die christliche Religion über alle anderen Aspekte des Lebens stellte, dominierte. Doch bereits im 16 Jahrhundert war durch die beginnende humanistische Revolution Gott vom Thron gestoßen und der Mensch in den Mittelpunkt des Denkens gestellt worden. Die Geburt des homo oeconomicus und damit des wirtschaftstreibenden Bürgertums viel genau in diesen Abschnitt, nicht zuletzt auch deswegen, weil die absolutistischen Monarchien durch ihren ausufernden Hofstaat dazu gezwungen waren, immer mehr Finanzmittel aufzutreiben. Damit begann auch die Wirtschaft zum zentralen Aspekt des sich bildenden “modernen Staates” zu werden und die Religion aus dieser Stellung zu verdrängen. Wenn also Bendel im Sinne einer “Umkehrbarkeit der Zeit” nach Alexander Dugins Ethnosoziologie eine ideale Epoche nach seinem Geschmack sucht, dann ist es das vormoderne Mittelalter. Hier finden wir sowohl eine holistische Welt, welche vom Christentum dominiert wird, als auch einen (Krieger-)Adel vor, der noch unangefochten herrscht.
“Aristokratie” – eine interessante Schrift, welche zu unkonventionellen Denkansätzen anrät
Somit lässt sich abschließend sagen, dass es sich bei Bendels “Aristokratie” um einen unkonventionellen Text handelt, der auf knappen Raum zahlreiche interessante Ansätze zur Moderne- und Demokratiekritik bietet. Mögen die Lösungsansätze auch nicht ausreichend sein, so regen sie doch zu dem ein oder anderen Gedanken im Sinne des Traditionalismus an, der wichtig ist, um nicht nur den Liberalismus, sondern auch die Moderne gründlich verwerfen zu können. Daher kann man seine Streitschrift zum Thema Aristokratie nur allen Querdenkern jenseits des liberalen Mainstreams und liberalistisch-libertären Einheitsbreis ans Herz legen!
Schönen Dank für die ausführliche Besprechung und die konstruktive Kritik an meiner Schrift.
Das Buch war in erster Linie als Denkanstoß gedacht, um einmal einen Blick aus der demokratischen Matrix zu werfen und zu erkennen, dass es jenseits davon auch noch andere Welten gibt. Konkrete Vorschläge zu formulieren, wie eine runderneuerte Aristokratie auszusehen habe, wäre angesichts des Umfangs des Buchs vermessen gewesen. Eine andere durchaus kritische Kurzrezension der Schrift endet mit dem Satz: “Auf jeden Fall hat mir das Buch Anlass gegeben, mich näher mit dem Thema zu beschäftigen.” Das ist auf den Punkt gebracht das, was ich mit dem Büchlein erreichen wollte. Als nächsten Schritt wünsche ich mir, genauere, ausführlichere und profundere Überlegungen anzustellen, wie denn eine solche Aristokratie aussehen soll, wer ihre Träger sein könnten und auf welche Erfahrungen und Traditionen aus der Vergangenheit man zurückgreifen sollte und auf welche besser nicht (den Erbadel halte ich, wenn es um die Staatsführung geht, beispielsweise für problematisch).
Dass die attische Demokratie aristokratische Züge trug, ist mir bewusst. Richtig ist freilich auch, dass eine Demokratie antiken Typs nur dann funktionieren kann, wenn sie auf eine relativ kleine Bevölkerungszahl begrenzt ist. Das gilt auch heute noch. Auf dörflicher Ebene oder in Kleinstädten sind demokratische Elemente durchaus wünschenswert und umsetzbar, da eine persönliche Beziehung zwischen den agierenden Personen die Regel und nicht die Ausnahme ist wie in Massengesellschaften. Der Demos im antiken Athen begrenzte sich auf wenige tausend Personen. Auf die heutige Zeit übertragen wären es selbst dann Millionen, wenn man sich an die Einschränkungen hielte, die im alten Griechenland galten. Ich glaube, der Zustand der Dekadenz, in dem sich alle Demokratien heute befinden, ist eine unvermeidliche Fehlentwicklung, ein Systemfehler dieser Herrschaftsform.
Das Beispiel Barock wählte ich nicht, weil ich diese Zeit idealisieren wollte, sondern weil deren Erbe noch für jedermann sicht- und hörbar ist. Es ist keine Vergangenheit, die fast schon legendenhaft in den Gestaden der Zeit verschwunden ist. Was den Barock betrifft, dürften wir übrigens Opfer einer protestantisch geprägten Geschichtsschreibung sein, wie Peter Hersche in seinem umfangreichen Werk “Muße und Verschwendung: europäische Gesellschaft und Kultur im Barockzeitalter” ziemlich glaubhaft und für meinen Teil abschließend darstellt. Da der Barock ein typisch katholisches Phänomen war, wurden diese Historiker wohl dazu verleitet, diese Epoche etwas zu düster zu zeichnen. Eine Verfahrensweise, die ja seitdem riesige und beängstigende Fortschritte machte. Aber, wie gesagt, mit dem Beispiel Barock wollte ich nur aufzeichnen, dass frühere Zeiten keineswegs so schlimm waren wie die heutigen Zeiten angeblich toll sind.