Die Neue Rechte – Alt Right

Die Neue Rechte – Eine Einführung.

Teil Vier.

Die Alt-Right in Amerika – Teil der Neuen Rechten?

Von Alexander Markovics

Am Anfang waren ein Frosch…

Als Hillary Clinton am 25.08.2016 Donald Trump beschuldigte, „einer radikalen Randgruppe dabei behilflich zu sein, die republikanische Partei zu übernehmen“ war plötzlich eine Bewegung in aller Munde, die man bis dahin nur mit Memes und Plattformen wie „right-on“ oder schrillen Bloggern, wie Milo Yiannopoulos assoziiert hatte. Die „Alt-Right“, Kurzform für „Alternative Right“ (Alternative Rechte) war plötzlich in aller Munde.

Als „Killary“ dann noch „Pepe the Frog“, eine der Meme-Ikonen der Alt-Right, öffentlich den Krieg erklärte und auf ihrer Kampagnenseite dem „rassistischen Frosch“ einen eigenen Abschnitt widmete, berichteten sogar im deutschsprachigen Raum die Zeitungen von Phänomen dieser neuen (Internet-)Bewegung. Im Wahlkampf trugen sie schließlich nicht unwesentlich zum Sieg Donald Trumps bei, indem sie dem jetzigen Präsidenten, welcher die Bewegung zu instrumentalisieren wusste, eine in den sozialen Medien allgegenwärtige Werbeplattform boten.

Doch was ist eigentlich die „Alt-Right“? Ist sie nur ein Sammelbegriff für rechte Strömungen jenseits der Republikaner oder stellt sie eine amerikanische Version der Neuen Rechten dar? Handelt es sich bei ihr nur um eine Spaßtruppe, die jenseits von Memes, Hitlergrüßen auf öffentlichen Veranstaltungen und der bewussten Provokation der „Social Justice Warriors“ politisch nichts auf die Reihe bekommt? Oder steckt irgendwo, hinter dem ständigen „trolling“ doch so etwas, wie ein politischer Kern? Im Rahmen dieses Textes sollen diese Probleme erörtert werden um schließlich ein Urteil darüber fällen zu können, ob eine Beschäftigung mit der Alt-Right lohnt oder nicht.

. und Paul Edward Gottfried.

Der Begriff „Alternative Right“ wurde ursprünglich vom amerikanischen Historiker und Intellektuellen Paul Edward Gottfried geprägt, der auch als Vater des „Paleokonservatismus“ gilt. Mit dem Begriff stieß Gottfried 2008, im Jahre der Machtübernahme Obamas und dem Ende von zwei Amtsperioden des Neokonservativen George W. Bush, die Entwicklung einer amerikanischen Rechten jenseits der Republikanischen Partei an, welche nicht nur das oligarchische Zwei-Parteien-System, sondern auch den Liberalismus an sich als Problem begriff. Aber auch die Neokonservativen, welche unter der Herrschaft des texanischen Präsidenten den Nahen Osten mit „War and Democracy“ überzogen hatten, waren dem Professor aus dem Süden der Vereinigten Staaten wegen ihrer militant-missionarischen Haltung ein Dorn im Auge. Damit folgte Gottfried nicht nur den Ideen der Neuen Rechten, welche schon zuvor sowohl Neoliberale, als auch Neokonservative kritisierten, sondern versuchte auch, eine Rückbesinnung der USA auf ihr europäisches Erbe anzuregen.

Die USA sollten weg vom Zustand als „people of the spirit“ und einem, sieht man von der Verfassung ab, identitätslosen Dasein, als die Verdammten aller Länder aufsaugender Schwamm. Dementsprechend spielte die Kritik an der Masseneinwanderung von Anfang an eine Rolle. Doch auch die überbordende Staatsgewalt in Form des „Therapeutischen Staates“, welcher seinen Bürgern vorschreibt, wie sie zu leben und zu denken haben (Stichwort „hate speech“), wurde von ihm kritisiert. All das geht einher mit der Kritik an der „Political Correctness“, welche als Unterdrückungsinstrument zur Herstellung einer liberalen Hegemonie begriffen wird.

Die „Alt-Right“ – Memes und Richard Spencer

Mit Richard Spencers Blog „Alternative Right“ erreichte der Begriff ab 2010 schließlich eine größere Bekanntheit. Hier trafen Gedanken der Neuen Rechten auf Libertäre, von den Republikanern enttäuschte „Constitutionalists“ (Verteidiger der amerikanischen Verfassung) auf Traditionalisten. Die „Alt-Right“ wurde damit zu einem Sammelbegriff für alle, welche rechts vom oligarchischen Establishment der Republikanischen Partei stehen. So versuchten nicht nur neonazistische Gruppen den Begriff für sich zu beanspruchen, sondern auch wirkliche „white supremacists“, denen es nicht um das europäische Erbe der USA geht.

Genau diese Gruppe gibt in der Alt-Right mittlerweile den Ton an – einer der Hauptgründe warum sich Paul Gottfried, der Schöpfer des Begriffes, mittlerweile von ihr distanziert. Vertretern dieser Richtung wie Richard Spencer, Vorsitzender des auf der Alt-Right einflussreichen, vom CIA finanzierten, National Policy Institute (NPI), geht es darum, die USA in einen rein weißen Staat zu verwandeln, den Traum des „white ethnostate“ zu verwirklichen, da sie von einer grundsätzlichen Überlegenheit der „Weißen Rasse“ über alle anderen Völker und Kulturen ausgehen. Eine grundsätzliche Kritik an Kapitalismus und Liberalismus ist ihnen fremd – nicht zuletzt deswegen ist ihre einzige theoretische Grundlage die selektive Auslegung von Intelligenztests, um ihren weißen Chauvinismus zu propagieren.

Der Chauvinismus der Alt-Right führt dazu, dass ihre berechtigte Kritik am Establishment in den USA etwa nicht die Rückkehr zu einem gesunden Patriotismus auch unter den europäischstämmigen Amerikanern fordert, sondern zum Teil abstruse Formen annimmt: Die Sklaverei wird als human und zivilisatorischer Fortschritt gefeiert und auch Völkermorde, wie etwa jener an den Indianern, werden gerechtfertigt. All das nur, um die vermeintliche Überlegenheit der Weißen zu rechtfertigen und eine Argumentationsgrundlage für den von ihnen geforderten, rein weißen „Ethnostate“ zu schaffen. Dass man politische Visionen schwer mit politischem Unrecht rechtfertigen kann und das Verdrehen geschichtlicher Fakten die eigenen Positionen nicht überzeugender macht, scheint zu den Akteuren der Alt-Right nicht durchgedrungen zu sein.

Auch die sogenannte „J-Question“ (Judenfrage) wird hier in verschwörungstheoretischer Manier lebhaft diskutiert. Vom Einfluss einzelner liberaler Juden in Medien, Film, Fernsehen und Politik wird die Annahme abgeleitet, dass eine jüdische Verschwörung gegen die WASP?’s (White Anglo Saxon Protestants) existiert. Folglich werden auch die Juden aus der von der Alt-Right gewünschten „Weißen Rasse“ ausgeschlossen.

Mit der Neuen Rechten hat all das nichts zu tun – vielmehr kann man insbesondere die „Alt-Right“ als modernisierte Version der Alten Rechten bezeichnen.

Aufmerksamkeit durch Memes

Die Aufmerksamkeit Hillary Clintons und dann der Medien in der westlichen Welt gewann die Alt-Right jedoch nicht durch ihre politischen Forderungen, sondern durch Memes. Darunter versteht man zumeist eine Bild- oder Videodatei, welche einen Insiderwitz unter Anspielungen auf popkulturelle Konzepte (Filme, Schauspieler usw.) transportiert und sich flächendeckend über die sozialen Medien verbreitet. Der clevere Einsatz von Bildern und Videos konnte viele politisch desillusionierte Wähler mobilisieren – die Botschaften dazu aber brachte das Wahlkampfteam von Donald Trump.

Ihre ständigen, jegliches reflektierte Nachdenken vermissen lassenden Provokationen haben zwar auch das liberale Establishment zum Ziel, jedoch bleiben sie im liberalen Denken verhaftet. Sie wollen, dass es keine Schwarzen und Mexikaner mehr hinter der Supermarktkasse gibt – aber kein Ende des Supermarkts. Hitlergrüße bei öffentlichen Konferenzen führten zwar dazu, dass über die „Alt-Right“ berichtet wurde – aber bewirkten auch, dass nicht nur Trump sich von ihr distanzierte, sondern auch zahlreiche Proponenten dieser Bewegung wie etwa Paul Joseph Watson, Lauren Southern, Kevin McInnes und andere es fortan ablehnten, ihr zugerechnet zu werden.

Die Alt-Light – YouTubestars und Leitkultur

Dies führte schließlich zur ersten Abspaltung der Alt-Right, der sogenannten „Alt-Light“. Hier endeten die meisten YouTuber, welche ihren Teil dazu beitrugen, die Alt-Right bekannter zu machen: Gavin McInnes von Rebel Media, Lauren Southern, Milo Yiannopulis – die Libertären verließen das sinkende Schiff. Oder besser: waren so wie Paul Joseph Watson nie ein Teil davon. Doch was trennt die Alt-Right von der Alt-Light?

Zunächst wendet sich die Alt-Light, im Sinne der Idee einer Staatsnation USA als „people of the spirit“, gegen einen ethnisch exklusiven Nationalismus. Eine Verherrlichung der Sklaverei oder eine Herabwürdigung von Afroamerikanern, wie auf der Alt-Right, wird man bei ihr nicht finden.

Die Einwanderung in die USA solle massiv reduziert und mittels „border wall“ gegen null gebracht werden. Die Assimilation im Inneren soll wieder verpflichtend werden. An die Stelle des „white ethno-states“ tritt die Leitkultur.

Die J-Question wird innerhalb dieser Gruppe nicht diskutiert. Stattdessen pflegt man ein inniges Verhältnis zu Israel, insbesondere Gavin McInnes. In Sachen Islam wird eine radikale Islamkritik betrieben, welche diese Religion als Ganzes und nicht nur einzelne Strömungen als totalitäre Ideologie darstellt.

Auch was die sexuelle Orientierung angeht, ist diese Sammelbewegung liberaler als die Alt-Right. Nicht zuletzt der Homosexuelle Milo Yiannopulis stellt das schrille Aushängeschild dieser Bewegung dar, der vor kurzem einen Afroamerikaner heiratete und als „Queen Milo“ von seinen Anhängern verehrt wird.

Am ehesten lassen sich die Anhänger der Alt-Light als Libertäre charakterisieren. Anarchistische Liberale, welche vom Staat in Ruhe gelassen werden wollen und im Zweifelsfall für die Homoehe, den Anbau von Haschisch und Waffen für alle eintreten. Ihr Freiheitsbegriff definiert sich dabei immer über die Freiheit des Individuums. Jeder darf machen was er will, wie er will, solange er will – nur die Freiheit des Anderen darf dadurch nicht eingeschränkt werden.

Die lauten Amerikaner – unterhaltsam, aber zu wenig

Den Kern der Alt-Light machen schließlich die YouTube-Vlogger dieser Bewegung aus, welche zum Teil eine riesige Reichweite erreichen. Von Paul Joseph Watson, der über die neuesten Ereignisse in der Weltpolitik berichtet und kritisch mit der westlichen Außenpolitik ins Gericht geht, über Alex Jones, dessen cholerische Anfälle gegen SJWs mittlerweile sogar selbst zu Memes geworden sind, bis hin zur mutigen Reporterin Lauren Southern, die in ihren Reportagen auf linken Demos gerne nicht nur ihres, sondern auch das Leben anderer in Gefahr bringt – all diese grandiosen Selbstvermarkter der amerikanischen Rechten rechts der Republikaner eint bei allen ideologischen Differenzen ein Charakteristikum: Sie sind die typischen „lauten Amerikaner“, die teils gewitzt, teils einfach nur gekonnt sarkastisch und lautstark dem Zuseher ihre Meinung vermitteln.

Ein Typus Mensch von dem gerade wir Europäer uns nur leider allzu gerne und häufig blenden lassen. Gute Vermarktung ersetzt keine Inhalte – Donald Trumps politische Wende keine hundert Tage nach seiner Wahl, haben eindrucksvoll bewiesen, wie der (Rechts-) Populismus ohne weltanschauliche Grundlage jeden und alles verraten kann, wofür er steht. Das bewiesen seine imperialistische Außenpolitik genauso, wie das Feuern seines halben Beraterstabes.

Dass die Alt-Right/Light keinen Einfluss auf ihn ausüben konnte und auch Steve Bannons Kampagne zur „Rückeroberung“ des Weißen Hauses zwangsläufig scheitern wird, liegt nicht zuletzt am weitestgehenden geistigen Bankrott der amerikanischen Rechten.

Was ihnen nämlich bis heute fehlt, ist die feste ideologische Verankerung. Kritik am Liberalismus ist gut, nur was bringt sie, wenn ihre Antwort darauf in Bezug auf Amerika entweder das Wolkenkuckuksheim des rein weißen Ethnostaates ist oder eine anarchistische Version des Liberalismus? Was sowohl „Alt-Right“ als auch „Alt-Light“ nötig haben, sind nicht mehr Memes oder „LARPER“, sondern Bücher der Neuen Rechten.

Was kann man also aus europäischer Perspektive positives von der Alt-Right/Light Bewegung lernen? Die richtige Vermarktung der eigenen Ideen! Weltanschaulich kann uns das westlich-chauvinstische Amerika hingegen keine neuen Pfade eröffnen – daran hat sich seit 1776 nichts geändert.

2 Kommentare

  1. Wenn Sie, Herr Marcovics, so sehr zum Bücher lesen raten, muss ich fragen, haben Sie denn die Bücher von Kevin MacDonald gelesen? Oder haben Sie die Bücher (die einzelnen Artikel gibt es auch online) von Greg Johnson (Counter Currents) gelesen? Johnson hat nämlich Ihre Bücher sehr wohl gelesen. Daniel Friberg z.B., der eng mit Spencer zusammenarbeitet, ist der Chef von Arktos, aber das wissen Sie ja, dort werden „Ihre Bücher“ ja ins Englische übersetzt und vertrieben. Sie machen es sich hier ein bisschen einfach.
    Und wenn Sie schon vom Wolkenkuckuksheim reden… was wird Ihnen wohl übrig bleiben in einer Diskussion gegen Johnson und Co., als sich auf Ihren esoterischen (Verzeihung!) Müll von Dugin und Co. zurückzuziehen? Dass Sie die JQ nicht diskutieren wollen, hat in erster Linie damit zu tun, dass Sie es in Europa nicht können, alles andere ist reine Selbsttäuschung. Und noch zum Schluss, die AR ist wirklich keine einheitliche Front, die Kader sind zutiefst zerstritten – über strategische und ideologische Fragen – und das würden Sie wissen, wenn Sie ernsthaft recherchiert hätten.

  2. Sehr geehrter „Bjorn“,

    Ich mache es mir grundsätzlich nicht einfach. Nur bringt Rassengerassel mit Intelligenztests niemanden weiter. Ebenso wie die „JQ“ viele Menschen in Verschwörungstheorien schwelgen und die eigene Unfähigkeit und Untätigkeit übertünchen lässt. Deswegen und aus anderen Gründen von mir dazu ein deutliches: Nein, nein, niemals!

    Über die Zerstrittenheit wurde im Text geschrieben, keine Sorge.

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