Einführung in die Noomachie (Dritte Einheit) – Der logos der indoeuropäischen Zivilisation

Einführung in die Noomachie (Dritte Einheit) – Der logos der indoeuropäischen Zivilisation

Von Alexander Dugin

Aus dem Englischen übersetzt von Alexander Markovics

Wir setzen unsere der Noologie gewidmeten Vorlesungen fort, einer philosophischen Disziplin über das Bewusstsein, den menschlichen Geist und das Denken. Heute haben wir zwei Vorlesungen. Die dritte Einheit trägt den Namen „logos der indoeuropäischen Zivilisation.“ Wir werden also nun die bereits in den zwei vergangenen Einheiten erklärten methodischen Prinzipien auf konkrete Objekte und konkrete Zivilisationen anwenden. Wir haben über die Drei-logoi-Theorie gesprochen, das Konzept des Existenzhorizonts und die Geschichte. Wir werden sie nun auf die indoeuropäische Kultur anwenden. Wenn wir zuerst über das Konzept des Existenzraumes sprechen, dann können wir dieses auf verschiedene Größen anwenden, von kleinen Gemeinschaften über mittelgroße Gemeinschaften bis hin zu großen Zusammenschlüssen, die zum Beispiel durch ähnliche oder gleiche linguistische Wurzeln verbunden sind. Und jetzt sprechen wir über den indoeuropäischen Existenzraum. Was ist der indoeuropäische Existenzraum? Er ist eine der größten Formen der Einheit. Der indoeuropäische Existenzraum deckt sich mit dem Raum, wo Menschen leben, die indoeuropäische Sprachen sprechen. Was sind indoeuropäische Sprachen? Das sind die romanischen, lateinischen, griechischen, germanischen, keltischen, slawischen und persischen Sprachen, das indische Sanskrit und andere Prakritsprachen, das Hethitische im alten Anatolien, das Phrygische, Thrakische, Illyrische (die Ahnen der Albaner) und die Sprache der Balten. Interessant ist, dass auch die Zigeuner zu dieser linguistischen Gemeinschaft gehören, weil ihre Sprache auch indoeuropäisch ist. Ihre Ursprünge sind unsicher, aber sie sprechen indoeuropäische Sprachen. Ebenso das Jiddische, eine Sprache der Juden, die eigentlich eine germanische Sprache ist und auch zur europäischen Sprachfamilie zählt. Das ist mehr oder weniger der Raum, welcher von den Menschen bevölkert wird, die diese Sprachen sprechen und in die indoeuropäische Ökumene eintreten, den indoeuropäischen Existenzhorizont. Das ist ein riesiger Raum an Völkern, Geschichten, sehr gegensätzlich und konfliktreich, der aber zur selben Zeit alle Menschen abdeckt, welche indoeuropäische Sprachen sprechen. Das ist ein Existenzraum.

Wir haben gestern darüber gesprochen, dass wir Kulturen und Völker durch den Existenzhorizont definieren, den Raum und die Geschichte. Wir könnten daher von der indoeuropäischen Geschichte oder der indoeuropäischen geschichtlichen Sequenz der Ereignisse sprechen. Wir werden später sehen, was sein könnte oder welche Versionen der generellen geschichtlichen Sequenz sein können, aber jetzt werden wir diskutieren, was die Hauptkennzeichen des indoeuropäischen Existenzhorizonts sind. Was ist indoeuropäisches Dasein? (t/here being) Zuallererst müssen wir uns auf ein sehr wichtiges Konzept konzentrieren. Dieses Konzept trägt den Namen Turan. Normalerweise verwenden wir den Begriff Turan, um einen Raum zu beschreiben, in welchem die Turkvölker lebten. Aber das ist hier nicht der Fall, weil der Begriff Turan rein iranisch ist und viel mehr mit dem Auftauchen der ersten türkischen Stämme in Zentralasien bzw. der eurasischen Steppe zu tun hat. Der Begriff geht auf die Avesta zurück, die alte zoroastrisch-mazdaische Religion und wurde in der iranischen Tradition lange vor der Manifestation bzw. Schaffung der ersten türkischen Stämme verwendet. Turan ist also ein indoeuropäischer Begriff. Und worin liegt die Bedeutung dieses indoeuropäischen Begriffes? Uns allen ist der persische Dichter des Mittelalters Ferdowsi wohlbekannt, der eine Art Dichtung über die geschichtliche Sequenz des Irans, genannt das Shahnameh Gedicht geschrieben hat. Shahnameh gründet auf der Dualität der Avesta, auf vorislamischen Quellen, über die Dualität und den Dualismus sowie den Krieg zwischen dem Iran und Turan. Der Iran bestand zunächst aus einer sedimentären Bevölkerung iranischer Abstammung. Die Iraner wie wir sie kennen lebten in Persien und in Medien nördlich vom eigentlichen Persien im Kaukasus. Die Iraner lebten hauptsächlich sedimentär, Turan hingegen war der Raum in dem die Nomadenvölker lebten. Aber worin liegt die Bedeutung des Wortes „Turan“? Die ursprüngliche Bedeutung dieses indoeuropäischen Wortes war „Stamm“ oder „Volk“. Es ist die selbe Bedeutung wie Fall von „tautos“ im Litauischen (Nation oder Volk). Das war der Name für das Volk der Steppen. Und die Bedeutung von Turan war der von den nomadischen Stämmen bevölkerte Raum. Und diese Stämme und Völker waren in der alten avestischen Zeit, als dieser Begriff verwendet wurde, ebenfalls absolut indoeuropäisch. Wir beschäftigen uns also mit einer sehr interessanten Dualität (Dualismus) in kultureller und zivilisatorischer Hinsicht. Iran und Turan kennzeichneten zu ihrer Zeit zwei Formen der indoeuropäischen Gesellschaft. Iran war der Name für die sedimentäre indoeuropäische Gesellschaft und Turan die Bezeichnung für die nomadische indoeuropäische Gesellschaft. Dies ist von großer Bedeutung, weil es mit den Ursprüngen der indoeuropäischen Völker zu tun hat.

Wenn wir damit beginnen vom Iran und Turan ausgehend herauszufinden welche Art von Zivilisation älter ist, kommen wir zum endgültigen Schluss, welcher auch die Position aller Historiker ist, dass zuerst die turanischen indoeuropäischen Stämme existierten. Die Iraner, die von Anbeginn der sedimentären iranischen Kultur da waren, waren ehemalige Nomadenstämme, welche zu sedimentären Stämmen wurden. Sie kamen aus dem selben turanischen Raum. Das ist der Hauptstandpunkt. Es gibt viele Debatten und Streitigkeiten darüber, wo genau in Turan das Zentrum der protoindoeuropäischen Kultur lag. Aber fast jeder stimmt darin überein, dass es irgendwo in Turan lag. Diesen Ort vermutet man weit östlich oder südlich vom Uralgebirge, am Kaspischen Meer oder nördlich vom Schwarzen Meer, auf jeden Fall an einem Ort irgendwo zwischen der Donau bis hinauf nach Südsibirien. Das war zwar ein riesiges Gebiet, aber irgendwo dort verbarg sich das sogenannte Mutterland, oder die Urheimat, um den deutschen Begriff zu verwenden, das anfänglich ursprüngliche Mutterland aller europäischen Völker. Das ist also die Urheimat (im Russischen прародина), nicht das Mutterland, sondern das prä-Mutterland. Es ist mehr oder weniger ein Gemeinplatz, dass es in dieser Gegend liegen soll. Das ist die wichtigste Feststellung über die Ursprünge der europäischen Zivilisation.

Der zweite Moment – wenn wir den Ort irgendwo in Turan finden, so lautet das zweite Prinzip der indoeuropäischen Ursprünge, dass die ersten indoeuropäischen Kulturen nomadisch waren und damit streng mit der Viehzucht verbunden gewesen sind. Sie waren viehzüchtende, nomadische, turanische Stämme. Ich schlage daher die Schriften von Marija Gimbutas (einer litauischen Schriftstellerin) vor, welche auf brillante Weise die Logik der indoeuropäischen Expansion erklärt hat. Marija Gimbutas zufolge und ebenso nach vielen russischen Wissenschaftlern und Archäologen, liegt die Idee darin, dass die Wurzeln dieser turanischen indoeuropäischen Stämme irgendwo südlich des Urals lagen. Um das heute Tscheljabinsk herum wurde vor kurzem eine sehr alte Stadt namens Arkaim entdeckt, welche dem Bild einer typisch turanischen Stadt nomadischer indoeuropäischer Stämme entspricht.

Sie wissen, dass das es ein Allgemeinplatz und eine allseits bekannte Position der Wissenschaft ist, dass die ersten Träger der indischen Veden aus den Norden kamen, aus dem selben turanischen Raum. Die Ahnen der Iraner stammten aus dem selben turanischen Raum. Und auch die Ahnen der Hellenen, Romanen, Lateiner, Germanen, Kelten, Slaven, Balten und Hethiter (einem der ältesten Stämme) kamen zu ihrer Heimat von der selben Urheimt aus, nämlich aus dem turanischen Raum. Und alle von ihnen waren Träger dieser nomadischen Viehzüchterkultur. Marija Gimbutas zu Folge gab es mehrere Wellen dieser indoeuropäischen Stämme. Jede Welle brachte neue Sprachen mit sich, neue Formen, neue Mischungen verschiedener Dialekte der indoeuropäischen Sprachen, die die Grundlage für die modernen indoeuropäischen Sprachen bildeten. Sie waren Träger der Kurgankultur, welche sehr wichtig für uns ist. Nun können wir eine Art geschichtliche Sequenz rekonstruieren, wodurch wir die Schöpfung der indoeuropäischen Gesellschaften gewissermaßen nachvollziehen können. Es gab eine Urheimat. Irgendwo war das Mutterland der Indoeuropäer. Lassen Sie uns annehmen, dass es südlich des Urals war. Ich bestehe nicht auf diesem konkreten Ort, aber die Mehrheit oder besser gesagt der seriöse Teil der Historikerzunft vermutet sie dort. Es lag vielleicht östlich oder vielleicht westlich davon, aber irgendwo dort.

Der zweite Punkt der Kurganhypothese von Marija Gimbutas besteht darin, dass jedes indoeuropäische Volk ursprünglich aus nomadisierenden Viehzüchtern bestand. Sie waren keine Bauern und damit nicht sedimentär. Sie schufen eine Art besonderer Stadt und waren Krieger. Sie domestizierten das Pferd zum ersten Mal. Die Domestizierung des Pferdes ereignete sich genau in diesem turanischen Raum. Es ist keine Überraschung, dass sie das Pferd gezähmt haben. Sie zogen durch die Steppe, um andere Räume zu erobern und stießen dabei von der Urheimat nach Indien und bis hin zu den Britischen Inseln vor. Von diesem Punkt aus haben sie Eurasien kolonisiert. Darin besteht die normale Kurganhypothese und das ist der Ursprung aller indoeuropäischen Sprachen. Die Ahnen aller indoeuropäischen Stämme und Völker sprachen die im turanischen Raum gesprochene indoeuropäische Sprache, waren Nomaden und Viehzüchter und brachten eine Kultur hervor, welche der Ursprung aller indoeuropäischen Gesellschaften und der indoeuropäischen Zivilisation ist. Wir können über die proto-indoeuropäische Kultur sprechen und sie mit der Situation in Turan lokalisieren, wo sie aus einer nomadischen Lebensart mit einer kriegerischen Art des Seins und einer kriegerischen wie heroischen Ethik bestand, der Domestizierung des Pferdes und dem Sonnenkreis als besonders wichtigen Moment in all dem. Ein sehr interessanter Autor, der Deutsche Leo Frobenius hat alle Entwicklungsstufen dieser Kultur folgendermaßen erklärt. Die erste Stufe ist die Faszination. Sie sind fasziniert von etwas, dass ihren Geist in Besitz nimmt, von der Schönheit, von Gott, einem inneren Gefühl, von etwas. Die zweite Stufe ist die Kultur, welche den Ausdruck dieser Besessenheit darstellt. Sie befreien sich von dieser Besessenheit und versuchen, sie in Bildern auszudrücken, in einer äußeren Form dessen, was von Ihnen Besitz ergreift, was Sie fasziniert. Das ist das Zweite. Und danach wenden Sie das Resultat dieses Ausdrucks technisch an. Wir können dies in der altertümlichen indoeuropäisch-turanischen Entwicklungsstufe sehen und erkennen, dass alle drei Entwicklungsstufen mit dem Konzept des Kreises verbunden sind. Dieser besteht zu aller erst in der Sonne, dem Sonnengott, der Sonne als dem Tag, der Sonne als Apoll. Sie sind von dieser Sonne besessen. Sie huldigen dem Feuer, dem Licht, der Sonne, dem Himmel. Es liegt im Zentrum Ihrer Faszination. Ihrem Bild entsprechend schaffen Sie ein Symbol von ihr. Sie erschaffen das Zeichen des Kreises und verehren es als etwas, dass von Ihnen Besitz ergriffen hat. Das ist Ihre innere Konzentration. Danach wenden Sie dies im technischen Sinne in der dritten Phase an. Und was ist das? Das Rad und der Streitwagen, welcher durch das Rad erschaffen wird. Auch das ist ein Allgemeinplatz. Die ersten Streitwagen und die ersten Konstrukteure von Streitwagen mit Rädern und Pferden waren indoeuropäisch. Mit der Hilfe der Streitwagen haben sie jeden Raum in Eurasien erobert, von den Britischen Inseln bis nach Indien, Persien, Griechenland und den Balkan. Also wurden Europa und alle europäischen Räume von den mit Pferden gezogenen Streitwagen erobert und dies geschah durch die Anwendung der Sonne (Kreis) auf den technischen Aspekt. Sie waren von der Sonne besessen. Sie huldigten der Sonne. Und sie verwendeten das Symbol der Sonne auf der technischen Ebene, um den Streitwagen zu erschaffen. Und mit ihren Streitwägen und ihrer inneren Dynamik, die der Sonne glich, expandierten sie wie die Sonnenstrahlen über den ganzen eurasischen Kontinent von der turanischen Urheimat ausgehend.

Das ist im Großen und Ganzen die prähistorische indoeuropäische Sequenz der Geschichte. Sie ist also eine Art Schicksal. Es besteht darin, so zu sein wie die Sonne, zu scheinen und das Feuer wie Licht der Kultur vom Ausgangspunkt aus zu verbreiten. Dieser Punkt ist sehr wichtig für das Verständnis des indoeuropäischen Daseins. Und dies spiegelt sich in allen indoeuropäischen Sprachen und Kulturen wider. Alle indoeuropäischen Völker sind Erben des indoeuropäischen Daseins, weil wir durch das indoeuropäische solare Dasein Turans (noch nicht des Irans, die iranische Kultur ist die zweite Phase. Die erste Phase des indoeuropäischen Daseins ist es, turanisch zu sein, ein nomadischer Stammeskrieger der Steppe zu sein.) definiert, präfiguriert und vordefiniert sind, sowie durch es sprechen und denken. Das war der gemeinsame Ursprung aller Gesellschaften des kurganischen Kulturtyps nach Marija Gimbutas und fast allen anderen. Kurgan ist ein Gebiet. Und sein Zeichen war das Hügelgrab. Der Kurgan ist eine Art künstlicher Hügel über einer Gruft. Das ist deswegen sehr wichtig, weil es eine Art Vertikalität darstellt, eine Schöpfung dieser vertikalen Gesellschaft. Das zweite Merkmal besteht darin, eine Waffe in das Grab zu legen, weil dies in anderen Kulturen nicht der Fall war, ebenso wie das Pferd. Das Pferd, die Waffe und der Hügel sind die drei Kennzeichen dieser kurganischen Kultur. Das ist das indoeuropäische Dasein.

Wir können es von Turan aus zurückverfolgen, vielleicht zu einem Ort in Turan selbst, denn die ersten Räder wurden genau südlich des Uralgebirges gefunden und die Domestizierung des Pferdes fand mehr oder weniger im selben Raum statt. Daher wäre es nur logisch anzunehmen, dass sich das Zentrum von Turan in der kasachisch-russischen Steppe befand (Eigentlich der russischen, weil sie schon vor den Kasachen indoeuropäisch war.) Sie ist war das Herz Turans. Und von diesem Punkt aus fand eine Art Expansion statt, eine Expansion nicht nur in physischer Hinsicht auf der Suche nach neuen Ebenen, um die Pferde und Kühe zu füttern, sondern auch um die Sonne zu imitieren. Die irdische Sonne war also irgendwo in Turan und von diesem Punkt aus begann ihre Ausbreitung. Wir können also davon ausgehen, dass diese Annahme nicht aufgrund von Trägheit oder etwas Gewöhnlichem gemacht wurde, sondern der klaren Idee folgt, dass sich das Zentrum irgendwo in Turan befindet (zum Beispiel in der Steppe südlich des Uralgebirges), wo sich das sakrale Mutterland der indoeuropäischen Tradition befunden hat, das Zentrum, der Pol der indoeuropäischen Tradition und von diesem Pol aus die Expansion in alle möglichen Richtungen stattgefunden hat. Die eigentlichen Träger der Kurgankultur waren die nomadischen Stämme der Indoeuropäer. Und diese haben fast den gesamten eurasischen Kontinent kolonisiert, vom Westen bis nach Indien und über Indien bis zum Indischen Ozean, den Buddhismus als ein Produkt der indischen Kultur verbreitend, der auch eine Fortführung des eigenen kulturellen Einflusses darstellte, der auf die chinesische Kultur projiziert wurde, die etwas ganz anderes war. Wir haben es hier also mit einer Art Rennen zu tun. Aber die interessanteste Schlussfolgerung liegt hier darin, dass wir den reinen Typ dieser indoeuropäischen Kultur in den nomadischen Stämmen der Indoeuropäer suchen müssen, wie etwa den Afghanen oder den Osseten (den eigentlichen afghanischen Paschtunen) oder einigen pakistanischen Stämmen (die nomadischen Belutschen im Iran und Pakistan) oder den eigentlichen Osseten (den direkten Nachfahren der sarmatischen Stämme). Sie wurden erst kürzlich sedimentär und hatten die Kultur des turanischen Typs fortgesetzt. Die Iraner waren die Zweiten und die Turaner kamen zuerst. Ihr Konflikt (Turan gegen Iran) war ein sehr zweitrangiger Aspekt dieser Geschichte als erster Phase der Geschichte der Indoeuropäer.

Das war auch die Idee in den späten Theorien von Oswald Spengler. Von den posthum erschienen Schriften Spenglers wurde erst kürzlich ein unvollendetes Buch mit dem Titel „The Epic of Man“ veröffentlicht. Es war unvollendet, nur Teile davon wurden von Oswald Spengler, dem Autor von „Der Untergang des Abendlandes“ verfasst. In seinem Werk „The Epic of Man“ entwickelte Spengler die Theorie, dass drei vor-Zivilisationen existierten. Atlantis mit der Megalithkultur, Kusch als afro-asiatische Zivilisation, welche Nordafrika und den Nahen Osten umfasste und die dritte prä-Zivilisation wurde von ihm genau als turanische Zivilisation bezeichnet. Das passt genau zu Marija Gimbutas Konzept und der Kurganhypothese aus der Archäologie sowie den Studien zur indoeuropäischen Vergangenheit, weil die Einheit aller indoeuropäischen Sprachen auf mehr oder weniger das selbe Gebiet hindeutet, wo die indoeuropäischen Völker lebten, bevor sie sich in die heute bekannten indoeuropäischen Sprachen und Völker teilten. Spengler, Gimbutas, die Linguistik und die Archäologie, alles deutet auf dieses Gebiet hin.

Wie können wir die Struktur der Noologie dieser protoindoeuropäischen turanischen Gesellschaft evaluieren? Ein weiterer Autor namens Georges Dumézil hilft uns dabei. Ich kann seine Bücher nur wärmstens empfehlen. (Ich weiß nicht ob sie bereits in Serbien veröffentlicht wurden. Auf Russisch haben wir ein Buch über die lateinische Religion und ein anderes über die indoeuropäischen Götter.) Georges Dumézil ist ein französischer Historiker der sein ganzes Leben in einer brillanten Art und Weise der Erforschung der indoeuropäischen Kultur verschrieben hat, im Rahmen derer er alle Arten von Mythologien, Religionen, Sagen, Volksliedern und so weiter verglichen hatte, aber auch die schriftlichen und mündlichen Traditionen der indoeuropäischen Kultur. Er verfasste viele Bücher, darunter einen wichtigen Text mit dem Titel „Die Indoeuropäische Ideologie“. Dies ist eine Zusammenfassung seiner umfangreichen Bücher mit mehreren tausend Seiten, in denen er sorgfältig und detailreich die Mythologien der indoeuropäischen Völker miteinander vergleicht. Was ist das Ergebnis oder die Zusammenfassung der Studien von Dumézil? Die trifunktionale Theorie. Er kam zum Schluss, dass alle Typen indoeuropäischer Kulturen, egal ob altertümlich oder modern, auf dem Konzept der trifunktionalen Gesellschaft basieren.

Jede indoeuropäische Gesellschaft besteht aus drei Kasten. Die erste Kaste sind die Priester, sie bestand aus den sakralen Königen und Priestern. Man ging davon aus, dass sie zum Himmel gehörten und betrachtet sie als göttlich. Man erachtet sie zwar nicht als Götter, aber als göttliche Wesen oder sakrale Könige und Priester. Ihre Eigenschaften wurden von den Brahmanen und Brahmin im indischen Kastensystem verkörpert. Sie hatten ihre eigene Ethik und Metaphysik und die Idee, dass sie eine besondere Seele besaßen, die aus Licht bestand. Die Herrschaft der Priester und sakralen Könige gründete auf der selben Idee von der Sonne. Weil sie die irdische Sonne waren, waren sie das Feuer und das Licht. Und sie repräsentierten das Licht als die Sonne Gottes, des himmlischen Gottes. Die zweite Kaste sind die Krieger oder ‘Kshatriya’ im indischen System, ‘raθaēštar’ im iranischen System und der ‘raθaēštar’ steht auf dem Streitwagen (der Krieger auf dem Streitwagen). Dies, weil der Streitwagen mit Rädern das Hauptkennzeichen der Expansion Turans dieser indoeuropäischen Stämme war. Und die dritte Kaste bestand einfach aus Viehzüchtern und den Herren der Tiere, der Kühe und der Pferde. Die gesamte Gesellschaft repräsentierte dabei eine Art Armee, eine Armee, die durch den Raum zog, um zu kämpfen und zu sterben, weil es keinen Tod in unserem Sinne gab. Er bestand in einer Art Erhebung. Jede Seele wurde als himmlischer Funke betrachtet, der zur Erde niederkommt, um wieder aufzusteigen, je schneller, desto besser. Wenn Sie jung sterben, ist das gut, weil es normal ist jung zu sterben. Jung zu sterben bedeutet im Kampf zu sterben, zu sterben, während man die Feinde tötet. Nicht zu überleben, sondern zu sterben war das Ziel des Kriegers. Weise zu sein und nicht lange zu leben war die Aufgabe und das Ziel der Priester, rein zu sein, sich selbst und jeden anderen zu reinigen. Loyal und tapfer zu sein, sowie viele Pferde und Kühe zu besitzen, war wiederum die Aufgabe der Dritten Funktion.

Es gab hier also eine absolut vertikale Hierarchie mit den Priestern an der Spitze, den Kriegern in der Mitte und den Viehzüchtern am Boden.Weil die Viehzüchter sich mit den materiellen Aspekten der Kühe, Pferde und Schafe beschäftigten, wurden sie als weniger rein und perfekt betrachtet. Aber auch sie strebten danach, so weise wie die Priester und Könige und so tapfer wie die Krieger zu sein. Das Wertesystem basierte also nicht auf den einfachen Viehzüchtern und ihren Zielen, vielmehr stand das Konzept der Priester und Krieger im Mittelpunkt und diese definierten auch die Ethik der dritten Kaste. Aber alles war absolut vertikal und wir können in dieser Situation die reine Version des Logos des Apoll in unserem noologischen Verständnis erkennen. Dies war der brillanteste, deutlichste und klarste Ausdruck des logos des Apolls, vertikal, weil alles Leben als die Niederkunft des Lichtes betrachtet wurde, der Sonne in die sakralen Könige und Priester, sich ausbreitend auf die Krieger und endend bei den Viehzüchtern, um wieder zum Himmel zurückzukehren.

Interessant ist hierbei die Qualität der Erde in der turanischen Steppe. Die Erde war hart. Sie war nicht dazu geeignet um Samen zu säen und dort etwas anzupflanzen. Sie war nur ein Raum auf den man kommen und wieder zurückkehren konnte. Es gab keine unterirdische Dimension in diesem Verständnis der Steppe. Die dämonischste, teuflischste und symbolisch negativste Kreatur war die Maus, weil sie unter der Oberfläche dieses Raumes lebte. Das Mauseloch wurde als eine Art Hölle betrachtet und war das Symbol des Satans in ihrer Tradition beziehungsweise die Schlange, welche unter der Oberfläche der turanischen Steppen lebte, aber nicht tiefer. Das ist eine Tradition und Gesellschaft ohne Wurzeln, weil sich die Wurzeln im Himmel befinden. Das war eine ganz andere Vorstellung, dass etwas nicht aus der Erde, sondern aus dem Himmel heraus wächst und seine Äste bis zur Erde hin ausbreitet, genauso wie die indoeuropäischen Stämme und zu den Wurzeln zurückkehrten, denn die Rückkehr zu den Wurzeln bedeutete die Rückkehr zu den Göttern und dem Feuer. Die Einäscherungsriten, im Rahmen derer der Körper des toten Mannes dem Feuer übergeben wird, um über das Feuer zur Sonne, zum Feuer und zum Himmel zurückzukehren. Alles war das genaue Gegenteil dessen, an das wir uns heute gewohnt haben. Das war die rein indoeuropäische Tradition. Dies war auch der reine Typ des apollinischen Logos.

Was ist also nach Dumézil indoeuropäisch? Man könnte sagen, es ist das Apollinische. Es ist genau das Selbe wie der logos des Apolls und jede Art normaler indoeuropäischer Gesellschaft, die wir kennen (Kelten, Germanen, Lateiner, Illyrer, Thraker, Hellenen, Griechen, Hethiter, Iraner, Inder, Skyten, Sarmaten, Slawen, Balten), jede Art von indoeuropäischer Kultur basierte ursprünglich auf dem logos des Apolls. Der Name wurde von den Griechen verliehen, aber wir können das selbe ohne Mühe in den Veden, der Avesta, in den germanischen Odinsmythen und in den keltischen Legenden und Mythen identifizieren. Und Georges Dumézil hat alle diese Mythologietypen zusammengetragen und miteinander verglichen. Das wurde klar, als wir ein Buch nach dem anderen von ihm lasen, das absolut grundlegend war. Das ist Allgemeinwissen, daran ist absolut nichts Neues. Es erklärt die Sachlage in einer klaren Art und auf eine sehr transparente Weise. Das ist das Resultat seiner Schriften. Die von ihm gegründete Schule wurde von Émile Benveniste fortgeführt, einer der größten linguistischen Autoritäten des 20. Jahrhunderts. Émile Benveniste schuf ein Lexikon der indoeuropäischen Begriffe und bewies die Korrektheit des dumézilschen Theoriekonzepts, das heute als anerkannt gilt.

Der zweite wichtige Aspekt der Schriften Dumézils ist das, was er die indoeuropäische Ideologie nennt. Die indoeuropäische Ideologie stellt eine Struktur dar, die unveränderlich und immerwährend ist. Sie wird in der Sprache, der Kultur, den Symbolen und der Denkweise der indoeuropäischen Völker repräsentiert, die genau das selbe ist, wie in den Zeiten der Urheimat und dem modernen indoeuropäischen Geist. Sie hat uns in unserem Verständnis des Kosmos, der politischen Gesellschaft und der Geschichte beeinflusst. Diese Ideologie ist Lesen, Deutungsmuster, Interpretation und Maßstab. Durch das Lesen dechiffrieren und interpretieren wir, was passiert. Wir betrachten die Gesellschaft. Es gibt die Philosophen oder die Intelligenzija, das Militär und die übrige Bevölkerung. Das ist die vertikale und hierarchische Weltsicht mit dem Präsidenten oder Führer als eine Art antiken Sakralkönig, militärischen oder administrativen Gruppen und der Bevölkerung. Es ist tief in unserem Unterbewusstsein, aber jede indoeuropäische Gesellschaft gründet auf dieser trifunktionalen Achse (modern oder antik, christlich oder heidnisch, östlich im indischen und iranischen Fall oder westlich im keltischen, germanischen, slawischen, französischen, lateinischen Beispiel). Das ist sehr interessant. Dumézil zu Folge ändert sich daran gar nichts. Mehr noch, durch diese Ideologie interpretieren wir die Geschichte. Die Geschichte von der Gründung Roms, die Geschichte der Gründung von jedem Land oder indoeuropäischen Staat. Es gibt immer einen Boten Gottes oder einen sakralen König, der von außen kommt, weil die Gründung des Königreiches von außen stattfindet, aus Turan kommen diese Nomaden und gründen die Stadt. Aber die Stadt war eine Art Festung. Sie war keine Fortsetzung des Dorfes. Sie war etwas von außen geschaffenes, durch Männer des Militärs, die von irgendwo kamen und eine Festung (Zitadelle) errichteten, um ihre militärische Position zu verteidigen. Es war also eine militärische Eroberung mit einigen sakralen Helden und Führern, die von außen kamen. Das war das Hauptszenario. Und danach gab es drei Funktionen und Beziehungen, manchmal konfliktreiche Beziehungen zwischen den Priestern und Kriegern, ihren grundlegenden Interessen und der Masse der Bevölkerung. Alle drei Funktionen wurden auf unzählige Arten und Weisen in Chroniken, Geschichten, Mythen, religiösen Sagen, Volksdichtungen, Liedern und so weiter beschrieben. Das ist der eigentliche Inhalt der indoeuropäischen Tradition, die Herstellung der Vertikalität.

Von besonderem Interesse und sehr wichtig sind die Genderbeziehungen in der turanischen Gesellschaft. Wenn wir die Beziehungen zwischen den Geschlechtern in der nomadischen indoeuropäischen Gesellschaft studieren, erkennen wir eine sehr interessante Idee. Gimbutas hat an einer anderen Stelle Begriffe für die Gleichheit zwischen Mann und Frau vorgeschlagen, aber in einer matriarchalischen Gesellschaft. Sie hat das Konzept der Gylanie vorgeschlagen. Es ist nicht die Dominanz der Frau über den Mann, sondern eine Art Freundschaft aber unter dem Hauptkonzept der Dominanz des Matriarchats. Die Gylanie war die Freundschaft und Gleichheit zwischen Mann und Frau, aber von der weiblichen Warte aus betrachtet. Ich schlage den gegenteiligen Neologismus vor, die Anelygenie. Das ist das selbe, nur diesmal wird die Freundschaft zwischen Mann und Frau von der männlichen Perspektive aus gesehen, vom turanisch-indoeuropäischen Standpunkt. Es gibt zwei Neologismen – Gylanie und Anelygenie (Gylanie : γυνή [Griechisch für Frau], ἀνήρ [Mann]). Das ist das Gleiche, aber Gimbutas setzt die Frau an die erste Stelle, wohingegen die turanisch patriarchalische Gesellschaft den Mann an die erste Stelle stellt (Anelygynia, ἀνήρ). Aber es gab hier keine Unterwerfung der Frau unter den Mann, sondern Freundschaft basierend auf dem Konzept des solaren Kriegers und dem dominanten Konzept des Himmels. Männer und Frauen sind also Freunde, aufbauend auf diesem solaren Konzept der menschlichen Natur. Das war sehr interessant, weil sich die Männer immer im Krieg befanden und die Frauen mit Kindern nicht regulär am Krieg teilnehmen konnten. Sie wurden in den Lagern und Festungen zurückgelassen. Aber das war kein friedliches Leben, weil überall der selbe Gesellschaftstyp vorherrschte, der sehr aggressiv und expansiv war. Die Frauen waren daher dazu verpflichtet, die Städte zu verteidigen. Sie sollten also heroisch und ebenfalls Krieger sein, sonst wären sie von den anderen erobert worden und das wollten sie nicht. Dementsprechend waren sie ein anderer Kriegertypus mit den selben Werten wie die Männer.

Dies spiegelte sich in vielen turanischen Traditionen der nomadischen Gesellschaft wider. Vor der Hochzeit fand ein Kampf zwischen Mädchen und Jungen statt. Wenn der Junge das Mädchen nicht überwältigen konnte, konnte die Hochzeit nicht vollzogen werden. Er sollte damit seine Kraft bezeugen, seine Macht über ihre Macht. In diesem Kampf fand eine Art Wettbewerb statt, aber Mädchen sollten genauso Krieger sein. Dies wird im Brunhildekomplex in der Psychoanalyse reflektiert. Auf dem Hochzeitsbett setzte sich der Kampf zwischen Mann und Frau fort. Und die Frau, die den Mann überwältigte, tötete ihn bevor die Hochzeit vollzogen werden konnte. Das ist eine Art Spur der Anelygenie, dieser militärischen Freundschaft basierend auf der Anerkennung der normativen Werte des Patriarchats. Der amazonenhafte Gesellschaftstyp war weder feministisch noch weiblich. Die Amazonen waren absolut patriarchalisch, weil sie eine Art Projektion des Maskulinen darstellten, des männlichen Kulturtyps und seiner Werte auf die weibliche Gesellschaft. Das war die Reinheit und Tapferkeit, die Gewalt und Macht der Gesellschaft genauso wie im männlichen Gesellschaftstyp, nur auf den weiblichen Fall bezogen. Die Amazonen stellten also kein Matriarchat her. Vielmehr war das der Endsieg des Patriarchats, weil die Frauen alle Arten von männlichen Verhalten akzeptierten. Das ist die Anelygenie. Wir könnten sagen, dass dies ein Extremfall der Amazonengesellschaft ist. Aber das ist der turanische Gesellschaftstyp mit mächtigen, sehr starken und unabhängigen Frauen, die nicht nur eine Besitzergreifung des Mannes symbolisieren könnten. Sie waren in jeder Hinsicht vollwertige Mitglieder dieser turanischen Stämme und konnten sich selbst gegen mögliche Angreifer verteidigen. Das ist sehr wichtig und ein Bestandteil des reinen Patriarchats.

Es gab in dieser Mythologie nicht viele Gottheiten und wenn, dann wurden sie durch männliche Werte repräsentiert, wie die griechische Göttin Athene, die Jungfrau war. Sie war weise wie ein Priester, tapfer wie ein Krieger und eine Jungfrau. Sie stellte nicht die Mutterrolle der Frau dar. Sie repräsentierte die Krieger, Priester und Jungfrauenrolle der Frau, die rein turanisch war. Die griechische Athene stellt also die Reflektion männlicher Werte dar. Weisheit ist die wichtigste männliche Eigenschaft der ersten Kaste und die erste Funktion in der dumézilschen Version. Die Tapferkeit, der heroische Geist und der Kampf, alle diese Eigenschaften der Athene waren genauso wie die Weisheit und der kriegerische Heroismus nicht dem rein irdischen Schicksal der Frau verschrieben, sie war keine Mutter und hatte keine Kinder. Darin besteht das höchst wichtige Konzept der Anelygenia der turanischen Gesellschaft. Das ist die Quelle des logos des Apolls.

An dieser Stelle können wir uns an Platon erinnern. Platon ist, wie ich bereits erwähnt habe, ein rein indoeuropäischer Denker. Er ist die bestmögliche Repräsentation des apollinischen logos. Er wurde von seinen Anhängern als Inkarnation des Apolls betrachtet. In den drei Dialogen des Platon erkennen wir klar das Abbild des trifunktionalen Kosmos, ein Universum rein turanischen und indoeuropäischen Typs. Im Timaeus finden wir die platonische Kosmologie aufbauen auf drei Spezies. Das erste Beispiel oder Paradigma ist der Vater. Das zweite war das Bild, die Ikone, der Sohn oder das Kind. Und das dritte war das nicht sehr klar definierte Konzept der Materie, der Khora oder des Raumes, aber nicht Materie in unserem Verständnis oder als Substanz, sondern als Raum. Es ist die Khora, das dritte Prinzip in Platons Dialog Timaeus. Khora ist der Raum. Hier der Ursprung, das Paradigma, der Vater. Da ist der Sohn als Reflexion des Vaters. Und dort ist eine Art Raum wo nichts ist. Das wurde nicht Mutter genannt, aber die Frau die nährt, die ernährt, dass ist die Figur, die den Raum gibt, an dem sich dieser Akt der Reflexion ereignen kann. Wir finden also drei Ebenen der Realität bei Platon vor. In der Letzten sehen wir die Khora, das ist das Land oder der Raum, nicht mehr. Es ist nicht die Mutter, die etwas gebiert. Es ist etwas, das den Einfluss von der Spitze der Hierarchie, vom Paradigma akzeptiert und zurück gibt. Das ist eine rein indoeuropäische Version der Kosmologie. Und diese ist sehr klar definiert, daher können wir sie als reinen Typ der apollinischen Kosmologie akzeptieren, welche als solche im Christentum, dem Mittelalter und der römischen Kultur akzeptiert wurde. Die im Timaeus Platons dargelegte Version der Kosmologie ist normativ für jede indoeuropäische Tradition.

Wir könnten sie mit den Veden vergleichen. In den Veden ist es mehr oder weniger das selbe, ebenso in der iranischen Version. Es gibt drei Welten: Die Höchste, eine in der Mitte und eine Dritte, die sehr vage definiert ist. Die letzte Welt stellt eine Art Oberfläche der Erde dar, wo die Rückkehr beginnt. In der neoplatonischen Tradition finden wir die Idee der Vorhersehung und der Rückkehr. Alles kommt vom Himmel, der himmlische Vater steigt hinab und das ist die Epipher, kehrt zum Selben zurück. Das ist ein vertikaler Zyklus. Das Leben ist der Moment der Wiederkehr und der Tod ist nicht das Ende, er ist eine Etappe der Wiederkehr. Wenn wir also auf der Erde ent-manifestiert werden, existieren wir in besseren Bedingungen, als auf der Erde. Sie ist der niedrigste Punkt unseres Abstieges von unserer inneren paradigmatischen Position, von unserem eigenen Geist (Atman im Hinduismus) von unserer unsterblichen Seele. Unsere Seele steigt also hinab, um wieder aufzusteigen, um zurückzukehren, um zur Quelle zu gehen. Aber die Quelle ist an der Spitze, darüber. So heißt es im Timaeus.

In einem anderen Dialog, Platons Staat, werden drei Typen des idealen Staates genannt. Die Philosophen (sie sind das Äquivalent zu den traditionellen Priestern), die Krieger und alle Anderen. Und die Philosophen sollten herrschen, weil sie sich der höchsten Kontemplation der Quellen, der Prinzipien verschrieben haben. Weil sie aus der Höhle hinaus gehen, um das Eine zu sehen, die Sonne und die Sterne, die himmlischen Lichter. Und er kehrt zurück und hat das Recht zu herrschen, weil er mit dem Himmel verbunden ist. Das ist also die Idee in Platons Staat. Der Staat sollte so sein. Die Philosophen, Brahmanen, sakralen Könige, welche die Quelle des himmlischen Lichtes und des Feuers kontemplieren, herrschen über die Anderen. Die Krieger sollen ihnen folgen und die Anderen, die in materielle Angelegenheiten involviert sind, sollen den Philosophen und Kriegern gehorchen. Wir haben ein trifunktionales Konzept bei Platon.

Und der selbe Platon gibt uns im Phaedrus eine Beschreibung der Seele. Nach Platon besteht die Seele aus drei Teilen. Hier stellt das schwarze Pferd Epithymia das Begehren dar, das Begehren in einem körperlichen Sinn, Begehren nach etwas materiellem, sexuellen Beziehungen, Ernährung, Essen und so weiter. Das stellt eine Tendenz nach Unten dar, den am meisten materiellen Aspekt. Das ist das schwarze Pferd. Dann gibt es ein weißes Pferd, das auf Griechisch Thymos genannt wird. Es steht für das Begehren nach Ruhm. Dies ist ein rein kriegerischer Wert. Es gehört nicht zu den materiellen Dingen, sondern bedeutet, bekannt zu sein, Ruhm zu haben, berühmt zu sein und Ehre zu besitzen. Das war sehr wichtig für die griechische Kultur. Das ist ein reiner Kshatriya Wert. Und es stand ein Streitwagenlenker der den nous oder den logos im Menschen symbolisierte auf den beiden Pferden, dem Schwarzen und den Weißen. Das ist das Denken. Das sind der Priester im Mann und die menschliche Seele. Das ist das denkende Prinzip, das Zentrum der Seele. Und wir erkennen in dieser Metapher, im Phaedrus, einmal mehr den Streitwagen und die Pferde, rein indoeuropäische Zeichen und die Seele ist das Selbe. Sie besteht aus drei Teilen, die hierarchisch und vertikal organisiert sind, wobei der Streitwagenlenker die höchste Position inne hat, er ist der Brahmane, der Priester. Das weiße Pferd ist der glorreiche Krieger. Im schwarzen Pferd besteht eine materielle Neigung, welche nach Platons Definition die schlechteste von allen ist. Also gründen die Seele, das politische System und das Universum, der Kosmos, die Welt um uns herum, all das, die Kosmologie, Politologie und die Psychologie auf dem selben indoeuropäischen Muster.
Und das wäre nicht der Fall, wenn nicht gesagt werden würde, dass die gesamte europäische Philosophie nur aus Fußnoten zu Platon besteht. Daher ist Platon der Philosoph „par excellence“. Er ist der absolute Philosoph. Alles kreist um Platon, oder ist eine Kritik an Platon, eine Weiterentwicklung von Platon, oder eine Debatte mit Platon wie im Fall von Aristoteles. Aber Platon bildet das Zentrum und wenn wir diese Struktur betrachten, welche die indoeuropäische Struktur ist, dann könnten wir sie Platonismus nennen. Der Platonismus basiert auf dem Konzept der Ewigkeit. Es kann nicht alt sein. Es kann nicht alt werden, weil die Ewigkeit nicht Vergangenheit ist. Die Ewigkeit besteht aus der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Es gibt einen Platonismus der Vergangenheit, es könnte und sollte einen Platonismus der Gegenwart geben und es könnte einen Platonismus der Zukunft geben, weil er auf einem starken Glauben an die Ewigkeit gründet. Es basiert auf unserem indoeuropäischen Dasein. Indem wir Indoeuropäer sind, sind wir Platoniker. Das war nicht nur in der Vergangenheit so. Das ist auch unser gegenwärtiges Dasein. Wir sind Indoeuropäer, sprechen indoeuropäische Sprachen, leben in unserer Geschichte, sind Platoniker. Das ist sehr wichtig, weil es in dieser indoeuropäischen Version des Logos kein modernes Verständnis der Zeit gibt. Im Platonismus gibt es die vertikale Zeit. Die Zeit ist die Reflexion, der Spiegel der Ewigkeit, wie Platon sagt. Darin besteht mehr oder weniger die indoeuropäische Haltung. Das ist die vertikale Zeit. Wir gehen auf die Erde, um wieder zum Himmel zurück zu gehen, wir entwickeln uns nicht im Inneren der Erde. Wir sind die Zeugen der Herrlichkeit Gottes, die kommen wird. Und in unserer christlichen Tradition ist alles gegenwärtig. Das ist reiner Platonismus in jeder Hinsicht.

Dem können wir noch einige Betrachtungen hinzufügen. Zuallererst gibt es in den indoeuropäischen Kulturen nicht nur eine Form des vertikalen logos des Apolls. Der logos des Apolls manifestiert sich selbst auf verschiedene Arten. Und es gibt viele Typen dieses logos des Apolls. Wir könnten zum Beispiel zwei seiner Hauptformen miteinander vergleichen. In einer Form herrscht die absolute Dominanz des Lichtes. Und das ist die platonische Fassung. Hier gibt es keine Problematik. Das Licht geht von der Quelle weg und erreicht den dunkelsten Punkt, den weit entfernten Punkt, die Erde, den Boden und kehrt freudig und friedlich zur Quelle zurück. Es gibt nichts, das dem Licht widerstehen könnte. Es gibt nichts und niemand, der ernsthaft gegen den Himmel, gegen Gott, gegen die Sonne kämpfen könnte. Es gibt einige potenzielle Mächte auf der Erde, die versuchen würden, die Sonne nicht zurückkehren zu lassen, uns nicht zurückkehren und uns nicht sterben zu lassen. Aber im platonischen Verständnis handelt es sich dabei um etwas, das nicht so wichtig ist. Wir können dies leicht überwinden, indem wir der Disziplin folgen, der asketischen Tradition, Befehle befolgen, uns in die heroische Gesellschaft integrieren, eine Art paideia auf griechisch genießen (Bildung), die uns lehrt, wie wir zurückkehren können. Das gesamte Bildungssystem in der platonischen Gesellschaft besteht nicht nur im formellen befolgen, sondern in der Akzeptanz der Befehle, darin, den Befehl zu internalisieren und dieser Hilfe des Staates zu folgen, der Kirche, der Tradition und ein echter indoeuropäischer Mann und eine solche Frau zu werden, um dieser geraden Linie zur Rückkehr zu folgen.

Von dieser Sichtwarte aus gibt es nichts Böses. Das Böse ist wie die Platoniker sagen, die Verringerung des Guten. Es ist nur eine Form des verringerten Guten. Es gibt kein natürliches Böses. Es kann nichts wie das Böse in dieser Version existieren, weil das Gute die Sonne ist, der Ursprung, das Gute ist der Himmel und Gott und die Distanz von Gott ist ein notwendiger Test für die Seele. Es ist aber nicht das Böse als solches. Jede Art von Bösen ist also nur ein Test, eine Erfahrung, die versucht uns die Hindernisse auf dem Weg zur Rückkehr zu uns selbst in den Weg zu legen. Das ist die platonische Version, aber es gibt auch eine viel weiter entwickelte Fassung der indisch-vedischen Advaita Metaphysik, wo wir das Konzept der Advaita Vedanta (indische Metaphysik) vorfinden, welches hervorhebt, dass wir von der Realität und Wahrheit in die Welt der Illusionen gehen, um die Illusion zu überwinden und zu uns selbst zurückzukehren, weil die Essenz von uns selbst Gott ist. Die Inder sagen also, dass wir Götter sind, aber diese Tatsache vergessen haben. Auch hier gibt es also nichts Problematisches, das ist die Advaita Vedanta, die nicht dualistische Fassung des apollinischen Logos. Alles was nicht Gott ist, ist also auch Gott, aber weiß es nur nicht. Es gibt also keine Dunkelheit. Die Dunkelheit ist einfach nur die Abwesenheit von Licht und absolute Dunkelheit kann nicht existieren. Nur eine relative Dunkelheit existiert, die eine Verdunkelung des Lichts darstellt. Und die Verdunkelung des Lichtes, wie wir aus unseren Beobachtungen der Natur wissen, ist die erste Phase der Dämmerung, eines neuen Aufgangs der Sonne. Wenn es keinen Anbruch der Dämmerung gibt, dann gibt es keinen Aufgang der Sonne. Das ist also unproblematisch. Ich nenne dies manchmal den Advaita Platonismus. Es gibt hier also keine Dvaita, keine Dualität. So ist es sowohl im Platonismus, als auch in Indien.

Es existiert aber eine Formulierung des apollinischen logos die problematisch ist. Und das können wir in der iranischen Tradition erkennen. Die iranische Tradition ist genauso gut, wie die griechische, indische und vedische Tradition, hat den selben Ursprung in Turan, in der indoeuropäischen Struktur, im indoeuropäischen Dasein und ist eine Art Form und Typ des indoeuropäischen Daseins. Aber sie gesteht der Gegenkraft eine viel wichtigere Rolle zu. Und das könnten wir Dvaita Platonismus nennen. Hier gibt es ein Licht und die Dunkelheit. Die Dunkelheit in dieser Sicht der iranischen dualistischen Tradition ist nicht die Verringerung des Lichtes. Die Dunkelheit ist etwas viel Ernsteres und erschafft eine Art intensiver Titanomachie und die Idee eines Ethos des Kampfes des Lichtes gegen die Dunkelheit. Aber dieses Mal ist der Kampf etwas viel Ernsthafteres. In der platonischen Advaita Perspektive ist sie eine Illusion, welche wir überwinden müssen. Und in der iranischen Sicht müssen wir den Feind niederringen, weil das Böse dieses Mal existiert und nicht nur einfach eine Illusion ist. Am Ende des Tages handelt es sich dabei um eine Illusion, aber nicht so lange wir in der Realität sind. Wir haben es hier also mit einer viel ernsteren und intensiveren Opposition gegen den Logos des Apolls zu tun als bisher.

In der platonischen, indoeuropäischen Advaita Tradition haben wir keine Opposition oder die Opposition ist nur eine Art Spiel. Plotinus hat einmal gesagt, dass „das Spiel nur von den Marionetten ernst genommen wird. Die wirklichen Spieler verstehen, dass alles nur ein Spiel ist und nichts ernst ist.’ Aber im Fall des Dvaita Platonismus oder iranischen Dualismus haben wir es nicht mit einem Spiel zu tun. Das ist ein Kampf. Das ist ein Krieg. Und der Krieg ist etwas Ernsthaftes, weil die Kräfte der Dunkelheit, die etwas dem apollinischen logos Entgegengesetztes sind, dieses mal mächtig und mit den Kräften des Lichts vergleichbar sind. Hier haben wir es mit einer gänzlich neuen Haltung zu tun, dem Dualismus. Und wir könnten sehen, dass sich hier etwas dem logos der Kybele annähert. Sowohl der reine apollinische logos im Fall des nicht dualistischen Advaita Platonismus, als auch der Hinduismus kennen den logos der Kybele nicht. Sie betrachten es nicht als etwas Wichtiges. Es ist nicht nur die Oberfläche der Erde, die sehr hart ist. Sie kommen hinunter um wieder aufzusteigen. Sie passen nicht durch das Mauseloch. Sie sind zu groß dafür. Sie sind zu herrlich dafür. Es ist Schicksal, wie eine Schlange zu sein. Niemand kann es sich als Schicksal vorstellen, in die Erde zu gehen, im Loch zu sein, etwas mit der Schlange und der Maus gemeinsam zu haben. Apoll repräsentiert auf eine sehr archaische Art die Position über der Figur der Maus oder des Maulwurfs. Der Maulwurf ist in dieser Weltsicht Satan, weil er blind ist und das Licht nicht sehen kann.

Hier taucht nun etwas anderes auf. Aber um hier weiter zu gehen, um zu dieser dualistischen Version der indoeuropäischen Struktur und Gesellschaft hinfort zu schreiten, müssen wir überlegen, was passiert, wenn diese turanischen Nomadenstämme sedimentär werden, weil dies eine tiefgreifende Änderung bedeutet. Einige Stämme verbleiben in diesem Status bis heute (Etwa die Population der Kalasha, Nuristani und der Paschtunen in Afghanistan und Pakistan) und setzen ihre Existenz als nomadische indoeuropäische Stämme fort. Die Skythen, Sarmaten, Alanen, Jazygen und Osseten waren Erben dieser nomadischen Tradition. Aber was geschieht, wenn die indoeuropäischen Stämme auf eine sedimentäre Gesellschaft treffen, sie erobern und auch sedimentär werden? Das werden wir in der nächsten Vorlesung erforschen. Und nun schlage ich vor, eine kleine Pause einzulegen, um dieser Detektivgeschichte über das indoeuropäische Dasein und den indoeuropäischen Existenzhorizont folgen zu können.

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