Die entfesselte Freiheit – Rezension

Die entfesselte Freiheit – Rezension

Von Alexander Markovics

“Es gibt Lektüren die Impfungen gleichen.”, wusste schon Ernst Jünger. Bei Thor von Waldsteins in diesem Jahr erschienenem Buch “Die entfesselte Freiheit” handelt es sich um genau eine solche Lektüre. Der Sammelband “Wider die liberalistische Lagevergessenheit” vereint in Querformate, Nahaufnahmen, Weitwinkel und Panoramen aus dem Schaffen des Autors, welche man alle unter dem Oberthema Liberalismuskritik zusammenfassen kann.

Eine Kritik des realexistierenden Liberalismus

In seinen “Querformaten” kommt der Autor auf die zahlreichen Lebenslügen der Bundesrepublik Deutschland zu sprechen. Dabei begeht er nicht wie viele Libertäre oder rechtsliberale Denker den Fehler, alle politischen Fehlentwicklungen nur als zufällige Konsequenz einer Anhäufung von politischen Fehlern zu sehen. Vielmehr stellt Thor von Waldstein fest, dass der Zustand der Bundesrepublik Deutschland gerade deswegen so miserabel ist, weil dahinter ein System steckt: Die politische Denkschule des Liberalismus. Folglich beschäftigen sich die Abhandlungen in diesem Kapitel über “das falsche Wir”, “Die Enteignung des Denkens” und “Totalitärer Liberalismus?” mit den Auswirkungen der liberalen Ideologie in allen Bereichen des Alltags.

Im Gegensatz zu vielen anderen Liberalismuskritikern wie etwa Alain de Benoist, welche die liberalistische Ideologie vor allem auf einer philosophischen Ebene zertrümmern, widmet sich der promovierte Jurist von Waldstein dem Thema auch in Bezug auf alltägliche Themen wie etwa der Zerstörung der Familie:

„Mit der schuldlos erlebten Zerstörung der Ehe ist also für viele auch der Verlust des (dauernden) Umgangs mit den eigenen Kindern verbunden. Das organische Gefüge einer Familie zerfällt somit in eine atomisierte Vielheit von einzelnen, die untereinander Rechte einfordern, ohne den eigenen Pflichten gerecht werden zu müssen.Daß die nachwachsende Generation, die in einem noch nie dagewesenen Maße in einer familiären Trümmerlandschaft groß wird, zukünftig mit einem >>Kindergrundrecht<< im Grundgesetz ausgerüstet werden soll, zeigt, wohin die Reise geht: in eine von Bindungsunfähigkeit und Verantwortungslosigkeit geprägte Ich-Gesellschaft von grundrechtsbewaffneten >>Sklaven, die, übereinander herfallend, alle >Freiheit< schreien<< (Günter Maschke).“ (Von Waldstein: Die entfesselte Freiheit. Schnellrosa 2017. S.73)

Der liberale “Rechtsstaat” als Ende des freien Menschen

Dabei weist er nach, dass unsere Gesellschaft nicht deswegen vor die Hunde geht, weil der Liberalismus nicht mehr funktioniert, sondern gerade weil der Liberalismus seine logischen Zielsetzungen erreicht hat, wie etwa in der Anarchie des Alltags und der totalitären Gängelung seiner Bürger:

„Der Staat, der seine Bürger weitgehend schutzlos dem Verbrechen überantwortet und damit im Ergebnis >>dem Einbrecher die Laterne hält<<, ist also zugleich Staat, der den (mit-)angeklagten Steuerberater in Fußfesseln und Handschellen medial vorführt oder der einen prominenten Manager nach vorheriger Information des Fernsehens rollkommandomäßig vor laufenden Kameras unter grober Verletzung der Unschuldsvermutung >>besucht<<, wenn er beides im Sinne der Abschreckung für sachdienlich erachtet. (…) Im übrigen ist die Strafrechtspflege von einer Kommerzialisierung beherrscht, bei der weit über 80% der Fälle in standardisierten Einstellungs- bzw. Strafbefehlsverfahren gegen Zahlung von Geldern ihr Ende finden, womit auch an dieser Stelle das Geld letztlich über das Recht triumphiert.“ (ebenda, S.75)

Denker wider den liberalen Status quo

Bei den Nahaufnahmen handelt es sich um Porträts einer Reihe von Denkern, welche das Denken von Waldsteins geprägt haben. Hier treffen umstrittene liberale Historiker (Ernst Nolte) auf Vertreter der Konservativen Revolution (Carl Schmitt) und schließlich auch Vertreter der deutschen Neuen Rechten (Bernard Willms, Günter Maschke, Hans Joachim Arndt).

In seinen Porträts weist von Waldstein auf das Widerstandspotenzial dieser Denker und die Aktualität ihrer Konzepte in Bezug auf den realexistierenden Liberalismus hin. Durch wird der Leser auf einen anderen Kanon abseits des liberalen Denkens aufmerksam gemacht.

Weitwinkel – die Thesen Thor von Waldsteins

Der Höhepunkt des Sammelbandes liegt schließlich im Kapitel “Weitwinkel”, worunter die Thesen zu Liberalismus, Kapitalismus, Islam und politischen Widerstandsrecht. Hier begeistert der Autor mit seiner messerscharfen wie kompromisslosen Analyse, welche deutlich macht, dass Deutschland nur ohne Liberalismus eine Zukunft haben kann. Doch dazu benötigt es Männer, welche endlich den Ernst der Lage erkennen und auch dazu bereit sind, das eigene Leben (in liberalen Gesellschaften: Wohlstand und Komfort) einem kompromisslosen Widerstand gegen das liberale Regime zu opfern bereit sind:

„Der postheroischen Gesellschaft mangelt es an einem schöpferischen Zorn, der aufhört, für alles was uns und unsere Kinder zugrunde richtet, >>Verständnis<< zu haben.“ (ebenda, S.165)

Nur wer den Benn’schen “Mangel an Versöhnung” in sich trägt, wird damit aufhören sich den Liberalismus schönzulügen und endlich in den kompromisslosen Kampf gegen ihn übergehen.

Zu kritisieren sind hier die Thesen des Autors über den Islam insoweit, als dass sie behaupten

“Der Islam ist an der Schwelle zur Neuzeit eine der wesentlichen Kulturquellen des alten Europa gewesen. Ohne die persische Architektur und Medizin, ohne die maurische Städtebaukunst, ohne die Glanzleistungen der arabischen Mathematik und Astronomie wären Renaissance und Aufklärung nicht denkbar gewesen.” (ebenda, S.188)

Ansonsten ist seinen Thesen über den Islam als Widerstandsbewegung gegen die westliche Moderne und die Verweiblichung der westlichen Männer als Einladung, sich in Europa das zu holen, was man an Wohlstand vorfindet, nur zuzustimmen. Das Christentum und seine möglichen Erneuerungskräfte sieht Thor von Waldstein sehr kritisch und glaubt nicht daran, dass dieses bei einer zukünftigen Reconquista eine entscheidende Rolle spielen wird.

Panoramen – Das asiatische Jahrhundert und Heidelberg

Den Abschluss bilden schließlich die Panoramen Abhandlungen, in denen nicht nur mit dem deutschen Schuldstolz abgerechnet wird, sondern auch die geopolitische Zukunft Europas erläutert wird. In seinem Text über das asiatische Jahrhundert plädiert Thor von Waldstein für eine europäische Großraumordnung mit Beteiligung Deutschlands, welche Europa als souveräne Zivilisation zum Ausgleich mit Russland bringen soll, um zukünftig den asiatischen Giganten auf Augenhöhe begegnen zu können.

Eine Lektüre die einer Impfung gleicht

Insgesamt handelt es sich bei der “Entfesselten Freiheit” also um eine Lektüre, die einer Impfung gegen die Irrungen des Liberalismus gleicht. Wer eine fundierte Kritik am Alltagsliberalismus der BRD sucht, wird hier fündig. Beziehen kann man den Sammelband hier direkt über den Antaiosverlag.

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