Staatsstreich in Katalonien

Staatsstreich in Katalonien

Zehntausende Menschen auf den Straßen, verletzte Zivilisten, Sitzblockaden, Paramilitärs  die mit Gummigeschossen auf Demonstranten schießen, Bürger die mit Schlagstöcken am Wählen gehindert werden. Was wie ein Ausschnitt aus der Hochphase des Arabischen Frühlings oder eine der zahlreichen Farbrevolutionen der letzten Jahre klingt, geschieht mitten in Europa.

Genauer gesagt in Katalonien, einer der 17 autonomen Gemeinschaften des Landes und gleichzeitig einem der wirtschaftlichen Zentren des Landes. Doch warum wird heute in Katalonien gewählt, geprügelt und geschossen? Und viel wichtiger: Was steckt dahinter und wie sind die Unabhängigkeitsbestrebungen zu bewerten?

Spanien und Katalonien: Eine komplizierte Beziehung.

Die Geschichte Kataloniens reicht bis weit ins Mittelalter zurück, als es mit seiner Flotte eine bedeutende Macht im Mittelmeer war. Seit dem Ehevertrag von 1137 zwischen der Krone Aragoniens und der Grafschaft von Barcelona existiert eine Staatengemeinschaft zwischen dem was wir heute Spanien und Katalonien nennen.

Im Rahmen dieser Gemeinschaft genoss Katalonien eine gewisse Eigenständigkeit, beispielsweise im Rahmen eigener Institutionen. Dies änderte sich Schlagartig mit dem Ende des Spanischen Erbfolgekriege von 1700 – 1714.

Die Katalanen, welche sich auf die Seite der Habsburger gegen die französischen Bourbonen gestellt hatten, wurden von der Krone demonstrativ bestraft: Die Institutionen Kataloniens wurden abgeschafft, das Land endgültig zur Provinz degradiert. Dieser Einschnitt in der Selbstständigkeit wird von den Katalanen jedes Jahr am 14. September als Nationalfeiertag begangen.

Ein Land der Aufrührer mitten in Spanien

Seitdem waren die Katalanen als tendenziell aufrührerisch verschrien. Ein Umstand, der sich dann im Spanischen Bürgerkrieg vollkommen entfaltete, als in Barcelona eine anarchistische Herrschaft ausgerufen wurde.

Georg Orwell beschrieb diese Periode aus eigener Erfahrung als Frontkämpfer in seinem Buch „Hommage to Catalonia“. Letztlich scheiterte das anarchistische Projekt, in welchem man schon zufrieden war, wenn die Straßenbahnen fuhren, auch an einem innerlinken Bürgerkrieg im Bürgerkrieg.

Nach dem Sieg Francisco Francos und der Niederlage der Linken erlebte Katalonien ein ähnliches Schicksal wie nach 1714, sprich eine radikale Unterdrückung jeglicher Identitäts- und Selbstständigkeitsbestrebungen.

Ein Staatsstreich im Dienste von Zivilgesellschaft und Globalisierung

Nach dem Ende von Francos Spanien wurde Katalonien zur Autonomen Region erklärt. Wie Benedikt Kaiser erst unlängst schrieb, kam es in weiterer Folge zu einer linksnationalistisch aufgeladenen Katalanisierung der Region.

Man kann also nicht von einer Regionalisierung Kataloniens im Sinne eines Europas der 1000 Vaterländer sprechen. Vielmehr versuchen die Katalanen den bürgerlichen Nationalstaat auf dem Weg zur globalen Zivilgesellschaft abzuschütteln.

So wird etwa die Islamisierung und Arabisierung Kataloniens stillschweigend in Kauf genommen, um mehr Katalanen „machen“ zu können, damit die Chancen für eine Unabhängigkeit besser stehen.

Die Patrioten und Neurechten Kataloniens stellen sich also nicht umsonst gegen die Unabhängigkeit Kataloniens, weil sie darin nicht zuletzt einen Schritt hin zur Liquidierung des Nationalstaates sehen, von dem vor allem die EU profitieren würde.

Denn die Unabhängigkeitsbewegung ist ethnosoziologisch nicht etwa ein Versuch der Rückkehr zur vormodernen Gemeinschaft im Sinne der Region, sondern vielmehr ein modernistischer Zug auf den Weg in die identitätsbefreite Neue Weltordnung.

Ein Symbol für den geistigen Bankrott der katalanischen Linksnationalisten ist die Demonstration „Unser Haus ist euer Haus!“ mit 160.000 Teilnehmern in Barcelona vom Februar 2017.

Es geht bei dem gegenwärtigen katalanischen Referendum also nicht um die Dreiheit von Region, Nation und Europa, sondern um den globalistischen Kampf der Zivilgesellschaft im Namen der EU gegen die Freien Völker Europas.

Ein Staatsstreich für die Unabhängigkeit – der geistige Bankrott der Linksnationalisten

Das heutige Referendum zur Unabhängigkeit wurde vom spanischen Verfassungsgericht als illegal erklärt. Rechtlich gesehen ist dies vollkommen legitim: In der spanischen Verfassung wurde Spanien als unteilbares Land erklärt. Das Unabhängigkeitsreferendum ist somit illegal.

Folglich ist das Eingreifen der Polizei gegen die Demonstrationen legitim – auch wenn die Bilder verletzter Zivilisten Wasser auf den Mühlen der Linksnationalisten darstellen. Gleichzeitig handelt es sich dabei aber auch um die Notwehr des Spanischen Staates, der gar nicht anders kann, als dieses für illegal erklärte Referendum zu unterdrücken.

Würde dies die Spanische Polizei nicht tun, hätte der Staat quasi seinen Lebenswillen bei der Garderobe abgegeben – und würde ähnlichen Tendenzen im Baskenland, Galicien und Andalusien Vorschub leisten.

Somit bleibt zu hoffen, dass der Spanische Staat die aktuelle Entwicklung entschärfen und seine Einheit bewahren kann. Alles andere würde den Advokaten des globalen identitätsbefreiten Westens von Brüssel bis New York in die Hände spielen.

Denn wenn es in Katalonien um eines gehen sollte, dann um die Bewahrung der katalanischen Identität im Rahmen Spaniens. Ein Kampf, der für ein unabhängiges, linksnationalistisches Katalonien wohl zur Sysiphosarbeit werden würde.

1 Kommentar

  1. Sisyphosarbeit (nicht „Sysisphos“).

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