Alain de Benoist: Kulturrevolution von rechts – Rezension
Es gibt Bücher, die trotz ihres Alters ihre Bedeutung nicht verlieren. Ein solches ist Alain de Benoists “Kulturrevolution von rechts”, welches erstmals 1985 im Sinusverlag erschienen ist. Jahrelang war es nicht mehr erhältlich. Der Jungeuropaverlag um Philip Stein hat es zum Glück vor kurzem wieder aufgelegt.
Doch was meint Alain de Benoist mit dieser “Kulturrevolution von rechts” und welche Bedeutung hat sie für die Neue Rechte? In acht Kapiteln legte er zahlreiche Grundsätze des neurechten Denkens erstmals dar – ein Grund mehr, sich eingehend damit zu beschäftigen!
Die Alte und die Neue Rechte
Im ersten Kapitel des Buches rechnet de Benoist mit der Alten Rechten ab:
Die alte Rechte ist tot. Sie hat es wohl verdient. (S.29)
Anstatt so, wie die Linke und extreme Linke, klar definiert und in den Augen der Durchschnittsbürger eine legitime politische Richtung zu sein, ist der Begriff “rechts” verteufelt. Er wird aus der Sicht de Benoists nur noch als Totschlagvokabel verwendet, allerdings besitzt es keinen klaren Inhalt mehr.
Doch anstatt sich von der Rechten abzuwenden, tritt Alain de Benoist für eine Erneuerung ein:
Ich für meinen Teil würde mich an eine sowohl ideologische als auch psychologische Definition halten. Ich nenne hier – aus reiner Konvention – die Haltung rechts, die darin besteht, die Vielgestaltigkeit der Welt und folglich die relativen Ungleichheiten, die ihr notwendiges Ergebnis sind, als ein Gut und die fortschreitende Vereinheitlichung der Welt, die durch den Diskurs der egalitären Ideologie seit zweitausend Jahren gepredigt und verwirklicht wird, als ein Übel anzusehen. (S.30 – 31)
Die Rechte müsse weg von ihrem Antiintellektualismus, der zahlreiche wichtige Denker an die Linke verloren gehen habe lassen. Auch ihr bürgerliches Festhalten an den Parteien, als einziger politischer Organisationsform, kritisiert de Benoist unter Verweis auf die außerparlamentarischen Erfolge der Linken.
Um wieder eine relevante Kraft in der Politik zu sein, müsse sich die Rechte neu erfinden und in einer Art positiven Nihilismus alles verwerfen, was die Alte Rechte ausgemacht hat. Kurzum: Die Neue Rechte definiert sich durch die radikale Ablehnung der Alten Rechten. Diese Überlegung führt Alain de Benoist zur Frage nach der kulturellen Macht.
Die kulturelle Macht – von der Notwendigkeit der Kulturrevolution
Was de Benoist fordert, ist in Anschluss an Antonio Gramsci, die Eroberung der Geister, also eine Besinnung auf die metapolitische Arbeit. Unter Metapolitik versteht er die Politik hinter der Politik, welche Gramsci als “kulturelle Macht” bezeichnet hat.
Wenn die Rechte wieder an die Macht wolle, müsse sie die Notwendigkeit begreifen, diese kulturelle Macht zu erobern. Ohne die öffentliche Delegitimation des politischen Gegners und seiner Ideen sei dies unmöglich.
Darüber hinaus müsse die Neue Rechte im Gegensatz zur Alten sich nicht nur mit aktuellen Ideen beschäftigen, sondern auch selbst Gegenentwürfe zur liberalen Gesellschaft finden. Denn mit dem Grad, mit dem die Zerrüttung der bestehenden liberalen Ordnung steigt, steigt auch die Nachfrage nach neuen Ideen.
Hierbei handle es sich um die Rache der Theoretiker in der Geschichte: Ohne Karl Marx wäre Lenin undenkbar gewesen. Eine Revolution ist also kein Ereignis, das plötzlich geschieht und alles anders macht. Vielmehr handelt es sich bei ihr um die politische Sanktionierung einer Veränderung, welche bereits in den Köpfen stattgefunden hat.
Eine Kulturrevolution von rechts ist also genau das, was die Neue Rechte anstreben muss, um Europa zu retten. Eines jener Konzepte zur Neuerfindung der Rechten ist der Ethnopluralismus.
Wider Rassismus und Egalitarismus – für den Ethnopluralismus
Im Gegensatz zu den vorherigen Kapiteln, welche sich aus alten Aufsätzen de Benoists zusammensetzen, besteht das vierte Kapitel aus einem langen Interview mit der Zeitschrift Éléments“.
In dem Interview führt de Benoist aus, dass sowohl Rassismus als auch Individualismus die Identitäten der Völker bedrohen. Dabei widerlegt er die Vorstellungen von der Überlegenheit der Weißen Rasse und die Idee, dass es sowas wie eine “weiße Solidarität” gäbe.
Er verurteilt den Kolonialismus und weist darauf hin, dass auch der Ruf nach Assimilation bzw. Integration sowohl für die Einwanderer, als auch für die Integrationsgesellschaft in einem Identitätsverlust endet.
Die Einwanderung lehnt de Benoist ab, da sie sowohl bei den Einheimischen, als auch bei den Einwanderern zu einem Identitätsverlust und zu Konflikten führe. Der einzige Nutznießer sei das Kapital, welches stets nach billigeren Arbeitskräften strebe.
Dem freien Verkehr von Menschen über die ganze Welt stellt Alain de Benoist ein anscheinend simples wie logisches Prinzip gegenüber: Den Ethnopluralismus im Sinne eines Verwurzelungsprinzips.
Die Verwurzelung
So wie jedes Tier ein bestimmtes Revier besitze, sei der Mensch mit dem Boden, auf dem er lebt und den er bewirtschaftet, verwurzelt. Die Tragik des Nationalismus bestehe nach de Benoist darin, dass er nicht die Notwendigkeit der regionalen Verwurzelung erkenne.
Nach de Benoist müsse sich die Neue Rechte auf die Verwurzelung in der Region besinnen, um nicht in den Liberalismus oder spezifischer: in den Neokonservatismus abzudriften:
“Zwar kommt es dem Jahrhundert auf einen Widerspruch mehr nicht an, doch bisweilen erlebt man dieses merkwürdige Schauspiel: Bewegungen, die von sich selbst behaupten, sie seien auf der Suche nach sich selbst, geben sich Ideenströmungen hin, die ihnen gänzlich fremd sind. Dieselben Gruppen, die das Recht auf Verschiedenheit proklamieren und aus ihrer Region einen besonderen Fall machen, entfremden sich, mit oder ohne Hintergedanken, indem sie egalitären, nivellierenden Ideologien anhängen, deren Voraussetzungen eben den Begriffen Verschiedenheit und Authentizität fundamental entgegenstehen. Hierin liegt etwas Schockierendes und Unannehmbares.” (Alain de Benoist, Kulturrevolution von rechts S.114)
Dabei vertritt er keineswegs eine Form des Kollektivismus, sondern weist auf die Wichtigkeit der Gemeinschaft hin, während er im gleichem Atemzug betont, dass die Gemeinschaft in der Moderne sowohl von Seiten des Individualismus, als auch des Kollektivismus bedroht werde:
„Der Reichtum der Menschheit liegt in der Persönlichkeitsfindung der Individuen innerhalb ihrer Gemeinschaft. Der Reichtum Europas liegt in der Persönlichkeitsfindung der Regionen innerhalb der Kultur und der Zivilisation, denen sie entstammen. Die einen wie die anderen existieren nur in Beziehung auf einen sie übergreifenden Zusammenhang: Die Pluralität ist notwendigerweise dialektisch. Die Parallele kann im übrigen weitergetrieben werden. Eine Gemeinschaft wird immer gleichzeitig vom Individualismus und vom Kollektivismus bedroht.“ S.116
Nur wenn die europäischen Völker die Unterschiede innerhalb der Völker des Kontinents respektierten, auf ethnischer und individueller Ebene, könne die Freiheit des Kontinents gewährleistet werden.
Die Elite
Jede Gesellschaft brauche eine Elite, um bestehen zu können. Doch wie soll eine neue Elite für Europa aussehen? Dieser Frage widmet sich Alain de Benoist im Detail.
Dabei beginnt er mit der Entstehung des Bürgertums und zeigt auf, dass Europa keine Elite im Sinne von Funktionseliten brauche (denn es gebe ja auch eine Elite der Verbrecher, Prostituierten usw.), sondern eine Charakterelite, eine neue Aristokratie.
„Nietzsche sagte schon 1885: >>Geist adelt nicht; vielmehr bedarf es erst etwas, das den Geist adelt.<< Was wir in unserer Zeit also brauchen, ist keine >>neue Elite<<. Unserer Zeit tun Charaktere mehr not als Intelligenzen, Rückgrate mehr als Gehirne. Aber eine >>Elite des Charakters<< ist nicht irgendeine Elite. Sie trägt einen Namen: es ist eine Aristokratie. Wir brauchen weniger eine >>neue Elite<< als eine neue Aristokratie. (S.122)
Es gehe bei der Schaffung dieser neuen Aristokratie auch vor allem darum, das Volk zu erziehen und die Klassengegensätze, welche mit dem Aufstieg des Bürgertums (im Sinne der Bourgeoisie) entstanden seien, zu versöhnen.
Denn mit dem Aufstieg der Bourgeoisie, so de Benoist, sei alles auf seinen wirtschaftlichen Nutzen reduziert worden. Die Wirtschaft habe schleichend begonnen, das Primat der Politik abzulösen.
Die Notwendigkeit einer neuen Aristokratie verdeutliche nicht zuletzt die, durch den Materialismus hervorgerufene geistige Verarmung:
„Der materielle Reichtum wächst ebenso schnell wie die geistige Verarmung (und vielleicht proportional zu ihr). Niemand will mehr verantwortlich sein, weder für sich selbst noch für andere. Die Massenmedien bestärken diese Gefühle, diesen Willensschwund, indem sie Typen und (Anti-) Vorbilder vorstellen, die dieser Tendenz entsprechen.“ (S.136)
Eine Philippika an die Deutschen
Seine Brandrede an die Deutschen stellt einen Aufruf an uns dar, unserem Volk wieder eine geistige Form zu geben. Dabei hebt de Benoist die Bedeutung der deutschen Strömung der Konservativen Revolution für die Neue Rechte hervor und erklärt die Bewunderung der französischen Neuen Rechten für diese Geistesströmung.
Hierbei hebt er den deutschen Wesenszug, in jedem Gebiet der Beste sein zu wollen, hervor. Dabei merkt er auch kritisch an, dass dieser Anspruch wertneutral ist – und sowohl zu großen Leistungen, als auch zu Verbrechen führen kann.
Von Natur aus hat die deutsche Seele keine Natur. Sie muß sich eine geben – tut sie das nicht, so geht sie ein. Das ist – fürchte ich – der Punkt, an dem die Deutschen heute stehen. Es steckt etwas Wahres in dieser bissigen Bemerkung von Quinet: >>Wenn der deutsche Geist nicht in den Wolken ist, kriecht er dahin.<< (S.144)
De Benoist appelliert dabei an die Deutschen, ihre Identität wieder zu finden und von der extremistischen Position, diese komplett zu verleugnen, Abstand zu nehmen.
Was ist totalitär?
Im Kapitel über die Frage “Was ist totalitär?” nimmt de Benoist die liberale Totalitarismustheorie förmlich auseinander und weist nach, dass auch der Liberalismus totalitär sein kann.
Dabei hält er fest, dass der Egalitarismus, also das Streben nach totaler Gleichheit, die eigentliche Wurzel des Totalitarismus sei:
Zweite Folge: Wenn die Wurzel des Egalitarismus innerhalb der westlichen Kultur, in der gleichen Ideologie nämlich, die den Liberalismus schuf, zu suchen ist, dann ist das westliche System weit davon entfernt, vom Wesen her gegen die >>totalitäre Versuchung<< gefeit zu sein; es ist im Gegenteil äußerst verwundbar. Sofern sie jederzeit Gefahr läuft, in eine totalitäre Demokratie umzuschlagen, kann sich die liberale Demokratie schwerlich als Schutz gegen ein System aufspielen, mit dem sie verwandt ist. Das einzige Mittel, wirksam dem Totalitarismus zu begegnen, besteht darin, aus der Ideologie auszubrechen, der die Welt im achtzehnten Jahrhundert anheimgefallen ist, nämlich dem Egalitarismus und Materialismus, dem gemeinsamen Nährboden der liberalen und totalitären Demokratien.“ (171)
Liberalismus und Kommunismus sind somit beides Kinder der Moderne. Doch welche der beiden Ideologien ist gefährlicher? Dieser Frage geht Alain de Benoist im letzten Kapitel “Der Hauptfeind” nach.
Der Hauptfeind
Im letzten Kapitel des Buches weist de Benoist schon zur Zeit des Kalten Krieges (!!!) den Liberalismus als Hauptfeind Europas aus und betont die Wichtigkeit der theoretischen Arbeit für die Neue Rechte, um eine Alternative zu diesem zu schaffen:
„Wer eine Arbeit von sich weist, deren Ende nicht abzusehen ist, einen Kampf, der Jahrzehnte um Jahrzehnte dauern kann, der sei daran erinnert, daß die gegenwärtige Lage, die er ablehnt, Ergebnis einer Entwicklung ist, die in der Mitte des vorigen Jahrhunderts von Karl Marx initiiert wurde – und daß die bolschewistische Revolution erst 70 Jahre später kam. In der Geschichte gibt es keine Abkürzungen. Wer um jeden Preis Zeit gewinnen will, wird dabei verlieren. Wir werden alles nur Menschenmögliche tun, um nie zwischen Ost und West, zwischen Liberalismus und Kommunismus wählen zu müssen. Wenn es sich dabei nur um uns handelte, würde sich nicht einmal die Möglichkeit einer solchen Wahl ergeben. Da sich aber der Schatten einer solchen Aussicht am Horizont abzuzeichnen scheint, müssen wir wissen, wo wir stehen. Jede Diktatur ist verächtlich, aber verächtlicher noch ist jede Dekadenz. Eine Diktatur kann uns morgen als Individuen vernichten. Dekadenz jedoch vernichtet unsere Überlebenschance als Volk.“ (202-203)
In der Tradition Charles de Gaulles weist er darauf hin, dass der Kommunismus zwar ungeheuerlich brutal ist, jedoch der Liberalismus die Seelen der Völker tötet und somit die weitaus effektivere egalitäre Ideologie ist.
All jene die glauben, dass der Kampf gegen den Liberalismus den Kommunismus begünstige, widerlegt Alain de Benoist:
„Den Liberalismus unter den oben präzisierten Bedingungen zum Hauptfeind zu erklären, heißt keineswegs das Spiel des Kommunismus zu betreiben. Es heißt im Gegenteil erkennen, daß die einzig wirksame Art, den Kommunismus zu bekämpfen, darin besteht, das zu bekämpfen, was ihn hervorgebracht hat. (…) Wenn Liberale auf die >>kommunistische Gefahr<< hinweisen, verweisen sie auf ihre eigene Unfähigkeit, jene Gefahr abzuwenden. Sie beschwören etwas, was sie, mit ihren Ideen, ihren Handlungen und Unterlassungen selbst zu verantworten haben. Wir sind Gegner des Kommunismus aus den gleichen Gründen, die uns – im Sinn eines konsequenten Anti-Egalitarismus – den Liberalismus bekämpfen lassen.“ (198 – 199)
Fazit
“Kulturevolution von rechts” ist nicht mehr und nicht weniger, als eines der bedeutendsten Werke der Neuen Rechten. Dieses Buch ist ein einziger Schatz an Zitaten und Argumenten gegen den Liberalismus und zeigt Denkwege auf, die notwendig sind, um seine Überwindung zu erreichen.
Der Jungeuropa Verlag hat mit der Neuauflage dieses Buches ein absolutes Pflichtwerk für jeden patriotisch gesinnten Europäer wieder zugänglich gemacht. Wer es noch nicht besitzt, kauft es am besten direkt hier beim Verlag.