G20 – eine sterbende Ordnung

G20 – eine sterbende Ordnung

Brennende Straßenzüge in Hamburg – die „Welcome to Hell“ Demo der militanten Zivilgesellschaft dominiert die Berichterstattung um den G20-Gipfel, der vom 7. bis zum 8. Juli 2017 in Hamburg stattfand. Doch jenseits von Krawallen und verletzten Polizisten ging es beim G20 Gipfel und den Protesten gegen ihn wohl um eine ganz andere Sache: Nämlich dem Aufeinandertreffen zweier unterschiedlicher Vorstellungen davon, wie „unsere Welt“ aussehen soll.

Der Ursprung der G20

Der Ursprung der G20 liegt in der Asienkrise 1999. Vor diesem Hintergrund trafen sich zum ersten Mal die Chefs der 20 größten Wirtschaftsmächte mitsamt ihren Zentralbankchefs, um ein gemeinsames Vorgehen gegen die Wirtschaftskrise zu beschließen. Die Gruppe der großen 20 wurde erst ins Leben gerufen, nachdem die G7 im Zuge der Wirtschaftskrisen der späten 1990er Jahre auf den Gedanken kamen, diese nicht mehr alleine lösen zu können. Die G20 – ein Instrument zur Lenkung der Globalisierung.

Eine schrecklich westliche Familie

Dabei waren die G20 eine von Anfang an von den transatlantischen Eliten im Westen bestimmte Gesprächsrunde: Deutsche und US-amerikanische Finanzhaie machten sich aus, wer rein kommt und wer nicht. Demokratie sieht zweifellos anders aus. Heute vertreten die G20 mehr als Zweidrittel der Weltbevölkerung, 80% des Welthandels und 85% des weltweiten Bruttoinlandsproduktes.

Dominiert wird das Format von den USA und den Staaten des Westens plus der EU, die mit einem eigenen Sitz vertreten ist. Daneben haben auch Russland, Indien und China ihren Platz, welche versuchen, ihre eigenen Interessen durchzusetzen.

Die Ergebnisse des Gipfels

Politisch hat sich durch den Gipfel nicht viel auf der Welt getan: Die USA bestehen weiterhin auf den Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und auch der weltweite Freihandel wird uns als Gott-sei-bei-uns der unipolaren „Weltordnung“ erhalten bleiben. Ein Abkommen gegen Menschenschmuggler wurde ebenfalls abgeschmettert.

Abseits davon kam es auch zu einer Unterredung zwischen dem potenziellen Jelzin-Imitator Donald Trump und Wladimir Putin – ab Sonntag soll ein neues Waffenstillstandsabkommen für Syrien gelten. Ob dieses Abkommen halten wird, darf angesichts der radikal gegensätzlichen Interessen des Westens und seiner islamistischen Verbündeten sowie Putin und Assad bezweifelt werden.

Ein Hauch von Weltregierung?

Der Hauch von Weltregierung der in diesen Tagen durch Hamburg wehte, macht darauf aufmerksam, dass der „Rest“ der Welt, also alle anderen 173 Staaten nicht vertreten sind. Wenn also der G20 Gipfel eines beweist, dann, dass sich der einzelne kleine Nationalstaat global nicht mehr selbst vertreten kann. Nur auf der Ebene der zivilisatorischen Zusammenschlüsse, wie sie von der EU (wenn auch miserabel), Russland, China oder Indien vertreten werden, können Völker international noch zu ihrem Recht kommen.

Dass der Trend weg von der derzeitigen amerikanischen Hegemonie zur multipolaren Welt geht, beweist auch die Tatsache, dass der Westen sich mit seinen Wünschen selbst auf diesem Format nicht durchsetzen kann. Insofern ist der G20 Gipfel vor allem eines: Ausdruck eines sterbenden Ordnungskonzeptes.

Der schwarze Block und der Leviathan im Todeskampf

Doch zurück zu den Protesten: Die „Welcome to Hell!“ Demo der radikalen Linken in Hamburg war vor allem eines – der Ruf nach einer gerechteren „Weltregierung“, bei der die identitäts-, geschlechts- und religionsbefreite „Zivilgesellschaft“ auch mitreden darf. Doch trotz Facebook und weltweiter Vernetzung bleibt auch diese Ordnungsvorstellung der apolaren Weltregierung aus den Köpfen der „Empire“-Theoretiker Negrie und Hardt eine Traumblase.

Die entfesselte „Multitude“ randalierte tagelang in Hamburg und verletzte hunderte Polizisten einer Staatsmacht, die bei Silvester und bei jedem Terroranschlag der vergangenen Jahre abwesend war, zum Teil schwer. Dieses Jahr traf sie nicht nur die Boboviertel von Hamburg, sondern auch das eigene Klientel im Schanzenviertel und schaffte es sogar, die Gattin Donald Trumps zeitweise am Verlassen ihres Hotels zu hindern. Doch konnte sie ihr Ziel, den Krieg in die Paläste zu tragen, nicht verwirklichen.

Zwar konnte dem bundesdeutschen Leviathan nicht die anscheinend gewünschte Sterbehilfe gegeben werden, dass er aber nur noch röchelnd im Koma liegt, bewiesen die Szenen von Polizisten, die vor einer Horde Autonomer davonrannten. „Wehrhafte Demokratie“ sieht anders aus. „Law and Order“ ist in Deutschland, der aktuellen Führungsmacht der EU, offensichtlich nicht mehr möglich

G20 – Bild einer sterbenden Ordnung

Alles in allem kann man den G20-Gipfel als Momentaufnahme der sterbenden unipolaren Weltordnung bezeichnen. Nicht einmal der Westen selbst ist sich dank Trump mehr in allen Gebieten einig. Und der deutsche Staat hat abermals bewiesen, dass er nur unter großem Krafteinsatz zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in der Lage ist – der bundesdeutsche Leviathan liegt im Koma und kann wohl nur noch eingeschläfert werden.

2 Kommentare

  1. „Nur auf der Ebene der zivilisatorischen Zusammenschlüsse, wie sie von der EU (wenn auch miserabel), Russland, China oder Indien vertreten werden, können Völker international noch zu ihrem Recht kommen.“

    Als wenn das Völkerrecht angewandt werden würde.

    1. Alleine können sie ihre Interessen nicht mehr durchsetzen – deswegen ist eine multipolare Weltordnung notwendig, um die Identität der Nationalstaaten zu schützen.

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