Frankreich: Le Pen vs. Macron

(bei dem folgenden Text handelt es sich eine Übersetzung aus dem Englischen von Daria Dugins Artikel THE PRESIDENTIAL DEBATE IN FRANCE: LE PEN VS MACRON durch Alexander Markovics.)

Präsidentschaftsdebatte in Frankreich: Le Pen vs. Macron

Am 3. Mai um 21 Uhr Pariser Zeit begann die Präsidentschaftsdebbatte in Frankreich. In der ersten Runde der Präsidentenwahl am 23. April erhielt Emmanuel Macron 24,01% und Marin Le Pen 21,30% der Wählerstimmen. Die Debatte dauerte mehr als zweieinhalb Stunden. Die Kandidaten präsentierten ihre Projekte zur Reform der französischen Wirtschafts- und Sozialpolitik, beschrieben ihre Vision der französischen Außenpolitik (Kampf gegen den Terror, Beziehungen mit der EU, Russland und den USA)

„Herr Macron ist der Kandidat der Globalisierung, des Krieges jeder gegen jeden“

Der Ton der Debatte war von extremer Aggressivität geprägt. Le Pen beschuldigte Macron nicht nur Nachfolger und Erbe der links-liberalen sozialistischen Regierung zu sein, sondern auch Vertreter einer für Frankreich desaströsen Politik in den letzten Jahren – Macron war von 2014-16 Minister für Wirtschaft, Industrie und digitale Angelegenheiten. Es scheint als ob es das Hauptziel Le Pens gewesen sei das „Wahre Gesicht“ ihres rivaled aufzuzeigen und ihn als Liebkind der globalen Eliten und Feind des französischen Volkes hinzustellen.

Le Pen stellte sich als Alternative zu diesem „System“ dar. Sie erinnerte die Zuschauer regelmäßig daran, dass sie ein „Kandidat aus dem Volk“ sei, ein „Kandidat aus dem historischen und kulturellen Frankreich“, ein Kandidat, welcher der „unipolaren“ Ideologie der globalen Eliten entgegentritt.

Macron, Kopf der „En Marche“ Bewegung, stritt in allen Debatten ab ein Kandidat der links-liberalen Hollanderegierung zu sein und bemühte die Aussage, er sei ein „neuer“ Politiker mit einem „neuen“ Programm. Er selbst bezeichnete sich als „weder links noch rechts“, sein Programm scheint eine Mischung aus rechter Wirtschafts- mit linker Gesellschaftspolitik zu sein. Das Hauptziel Macrons ist die „Einigung“ und „Neuausrichtung“ des gespaltenen Frankreichs. Die einzige Frage die bleibt ist, wen er einigen und neuausrichtend will – Arbeiter und Kapitalisten, Islamisten und Katholiken, Franzosen und Einwanderer? Und vor allem: wie?

Das alles ist die Frage einer ausgeklügelten Strategie, von der Micron bis heute beharrlich schweigt. Geschickt parierte er Le Pens Anschuldigungen es schien als hätte er für jede Wörter vor-vorbereitet, und noch mehr Wörter. Das Leitmotiv seine Gegenangriffe war, Le Pen des Nationalismus, Isolationismus und Protektionismus zu beschuldigen.“ Sie wollen aus der Geschichte aussteigen!“ schrie Macron Le Pen an. Mehr als einmal charakterisierte er seine Rivalin als eine „extrem rechte Politikerin“.

Die Rolle der Moderatoren in dieser Debatte war auf ein Minimum reduziert: Sie wurden im Streit zwischen den beiden Kandidaten einfach nicht gehört. Sowohl Le Pen als auch Macron hatten einander andauernd unterbrochen. Das Gespräch wurde von persönlichen Anschuldigungen überschattet, die Kandidaten reagierten auf ihr Gegenüber harsch ohne ihre Feindschaft zu verbergen: Während Macrons Wortmeldungen hielt sich Le Pen nicht mit Lachern und süffisanten Grinsern zurück, Macron war offensichtlich ruhelos, extrem angespannt und überschlug sich mehrmals mit seiner Stimme.

Es war der Zusammenprall zweier absoluter Gegensätze, zweier unterschiedlicher Frankreichs. Niemand hatte solche Aggressionen im Gespräch erwartet, weder von Seiten Le Pens noch von Macron. Es lag etwas verzweifeltes in der Debatte: Le Pen versuchte Macron die Maske vom Gesicht zu reißen und er gab sich geschickt Mühe dem Bild des „neuen“ Kandidaten treu zu bleiben, von dem angenommen wird, dass er das Volk vereinen kann. Dabei verschwieg er geflissentlich, dass dieses Bild von liberalen Medienmogulen aufgebaut worden war.

 

„Der Kandidat des Volkes“ gegen „den Kandidaten der Globalisierung“

Le Pen zeichnete sich in ihrer Rede von Anfang an durch die Ablehnung von Macrons Projekt aus: „Herr Macron ist der Kandidat der wilden Globalisierung, des Krieges aller gegen aller. Alles wird von Herrn Hollande und großen Finanzzirklen kontrolliert… Ich bin der Kandidat des Volkes, der Kandidat des Frankreichs, das wir lieben. Die Franzosen waren bereits in der Lage die wahre Natur Macrons zu erkennen, seine Güte wurde durch Böswilligkeit, sein Lachen durch ein süffisantes Lächeln ersetzt, der Apparat der sozialistischen Partei nahm alles in seine Hände. (…) Die Kälte und Überheblichkeit des Bankers, welche Sie nie versteckten ist an die Oberfläche gekommen.“

Emmanuel Macron wurde von Le Pen als „Marionette des Globalisms“ und „Schoßhündchen der Eliten“ tituliert. Ihr eigenes Projekt stellte sie als „Alternatives Projekt“ dar, welches die Kultur, Zivilisation, Nation und die nationalen Grenzen von äußeren Bedrohungen beschützt. Macron erklärte in seiner Eröffnungsrede, auf welche Le Pen scharf reagierte, dass sie die „wahre Erbin der extremen Rechten Frankreichs“ sei und die Le Pen Familie der Träger des „Geists der Niederlage“. In seinen Augen ist Le Pen negative Einstellung zur Globalisierung und dem Euroskeptizismus nichts anderes als Defätismus und Furcht vor einer „neuen Art der Globalisierung“.

Der Kopf der „En Marche“ Bewegung glaubt, dass er der Kandidat des „Wandels“ und der Erneuerung ist. Hierbei fühlt man sich an den Wahlslogan Hollandes 2012 erinnert: „Der Wandel passiert jetzt“.

Nacho einer kurzen Selbstpräsentation der Kandidaten begannen die Moderatoren sie zu fragen, wie sie die Arbeitslosigkeit bekämpfen wollen würden. Zur Zeit sind 10% der französischen Bürger arbeitslos. François Hollande der mit Parolen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit an die Macht kam, verschlimmerte sie nur.  Macron behauptete das Frankreich das einzige Land in Europa sei, welches die Arbeitslosigkeit nicht reduzieren könne. „Es ist notwendig das wir Klein- und Mittelunternehmen die Gelegenheit geben Arbeitsplätze zu schaffen, flexibler zu werden und sich an den wirtschaftlichen Kreislauf anzupassen.“  Le Pen merkte an, dass Macron persönlich für die hohe Arbeitslosigkeit in Frankreich verantwortlich ist. Micron war Wirtschaftsminister von 2014-16, während seiner Amtszeit schoss die Arbeitslosigkeit massiv in Höhe. 2016 beschloss Macron das El-Kohmri-Gesetz, eine Reform welche die Kündigung von Arbeitnehmern vereinfachte und den Arbeitstag verlängerte.

„Warum gaben Sie in ihrer Zeit als Wirtschaftsminister Hollande keinen Rat zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit?“  „Vielleicht kommt das daher, dass Macrons politische Philosophie die Unterwerfung Frankreichs unter die Normen der EU und damit die Zerstörung der französischen Wirtschaft fordert!“ „Die Bauern haben nichts von ihrer Unterstützung gemerkt, ebenso die Angehörigen der Industrie, abgesehen davon, dass Sie sie ans Ausland verkauft haben. Sie haben keinen nationalen Geist, Sie denken nicht an die Interessen der Nation. Sie beschützen private Interessen.“ Macron wechselte schnell das Thema und beschuldigte Le Pen kein positives Programm zu haben. Das Wirtschaftsprogramme Le Pens basiert auf linken Werten: Die Reduktion des Pensionsalters von 62 auf 60 Jahre, bis zu einem gewissen Grad die Nationalisierung der Wirtschaft und die Senkung der Preise für Strom und Gas.

Macrons Wirtschaftsprogramm ist total liberal – evens seiner Hauptpunkte ist die Reduktion der Einkommenssteuer von 33.3% auf 25%. Le Pen beschrieb Macron als einen Kandidaten der die gesamte Welt als käuflich betrachtet: „In Ihrer Gemeinschaft steht alles zum Verkauf. (…) Sie messen den Beziehungen der Menschen untereinander keinen Wert zu.“ Macron sagte, dass das Wirtschaftsprogramm Le Pens unrealisierbar sei und ihr Vorschlag zur Senkung des Pensionsalters nur durch eine Steuererhöhung realisierbar ist.

Terrorismus

Der Kampf gegen den Terror vermochte nicht die Kandidaten zu einen. Le Pen wiederholte ihr Programm zum Kampf gegen den Terrorismus und die Wiederherstellung der nationalen Grenzen, die Abschiebung von Personen welche auf der Liste «les fichés S» stehen: Damit ist eine Liste von Personen gemeint, welche in Verbindung mit islamischen Radikalen stehen, potentielle Terroristen und solchen, welche eine Bedrohung für die Sicherheit des Staates darstellen. Weiters forderte sie die Schließung salafistischer Moscheen. Marine Le Pen merkte an, dass Macron kein Programm zum Kampf gegen den Terrorismus habe und Verbindungen zu Islamisten hat. Zum Beispiel forderte die Union muslimischer Organisationen in Frankreich (UOIF) die Muslime Frankreichs dazu auf für Macron zu stimmen – eine Allianz die mehr als 250 muslimische Organisationen umfasst, darunter radikal islamistische Gruppen. Macron stritt die Verbindungen zu dieser Organisation ab. Er bestritt weiters die Notwendigkeit der Grenzschließung und forderte eine engere Kooperation Frankreichs mit der EU im Kampf gegen den Terrorismus. Nur durch eine Zusammenarbeit mit der EU könne man den Terrorismus in Frankreich beenden.

Russland und die USA: Die Logik der Außenpolitik

Macron sagte, dass für ein „starkes Frankreich“ stehe, dessen Priorität im Kampf gegen den muslimischen Terrorismus liege. Aber man könne diesen Kampf nur gewinnen, wenn man die Kooperation mit den USA verstärke. Er unterstrich auch die Notwendigkeit eines Dialogs mit Frankreichs, aber er bestand darauf dass er „nicht der Diktatur Putins hörig sein werde“. „Russland und Frankreich haben unterschiedliche Werte“, behauptete der Globalist. Marine Le Pen behauptete, dass es notwendig ist einen Dialog zwischen den beiden Hauptakteuren der Multipolaren Welt aufrechtzuerhalten – sowohl mit den USA als auch mit Russland. Frankreich solle unabhängig werden und sich den Diktaten Deutschlands und der USA entziehen.

Das „Frankreich des Kapitals“ gegen das „Frankreich des Volkes“

Am Ende der Debatte wurden beiden Kandidaten ein paar Minuten für ein Schlusswort gegeben. Marine Le Pen war selbstbewusst und lakonisch: „Das Frankreich das sie verteidigen ist nicht Frankreich. Es ist eine Markthalle. Es ist ein Krieg jeder gegen jeden. Ihre Vision Frankreichs steht im Widerspruch zu meiner. (…) Ich glaube, dass Frankreich ein Land mit einer Kultur, Hoffnung und einem Volk ist. Frankreich wird von ihren Freunden ins Chaos gezogen – jenen, die sie in ihrem Wahlkampf unterstützen.“Macron erklärte postwendend: „Das Frankreich für das ich mich einsetze wird nicht gespalten werden. Ich werde eine Politik der Versöhnung anstreben und den Kampf gegen Terrorismus, Arbeitslosigkeit und Analphabetismus zu gewinnen.“

30 Minuten nach Ende der Debatte präsentierte der Kanal BFMTV Umfragedaten vom Elabe Institute: 63% der Zuseher (von insgesamt 1,314 Zuschauern) betrachteten Macron überzeugender als Le Pen. Ist das wirklich so? In dieser Debatte konnte man zwei diametral entgegengesetzte Entwürfe sehen: Das globalistische Projekt Macrons und das populistische Projekt Le Pens. Es sind wirklich zwei verschiedene Frankreichs, zwei verschiedene Länder. Gleichzeitig der Name Le Pens 10% öfter auf Twitter erwähnt worden als jener Macrons. Im Oktober 2016 sagten buchstäblich alle Umfragen, dass Clinton überzeugender als Trump gewesen wäre. Und wir wissen sehr gut, wie dieses Duell ausging. Wir werden auf die Resultate der zweiten Runde warten …. Wir werden sie sehr bald auf dem Tisch haben.

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